In der Hauszeitschrift „Opel-Fahrer“, Ausgabe 5/1979, wurde mit einem Bericht über die Entwicklungsarbeiten schon mal kräftig Werbung gemacht ... „Auf Anhieb wirkt das Fahrverhalten des neuen Opel so ausgewogen, als hätten sich die Rüsselsheimer seit Jahren mit nichts anderem als mit Frontantriebsautos beschäftigt.“ Gleich zum Start gab es hohes Lob für das neue Antriebskonzept des Kadett D, wie hier von der „auto, motor und sport“. Opel selbst fand für das erste Frontantriebsmodell die Beschreibung „Die Revolution kleidet sich unauffällig“, als der Neue auf der IAA 1979 in Frankfurt debütierte und sprach – in aller Bescheidenheit - davon, dass mit dem modern gezeichneten Kadett D eine neue Ära in der Kompaktklasse begonnen habe.
Tatsächlich war die Einführung quer eingebauter Motoren und angetriebener Vorderräder bei Opel eine längst überfällige Angelegenheit. Bei etlichen Konkurrenzmodellen war dies bereits seit langen Jahren eine selbstverständliche und bewährte Bauform. So besaß z.B. schon der wie der Kadett A in 1962 vorgestellte neue Ford Taunus 12m Frontantrieb. ¹ „Die Entscheidung für den Frontantrieb und den Quereinbau des Motors war allein eine Frage des größten Innenraums bei möglichst geringen Abmessungen“, fasste Karl Bettmann zusammen, zur Zeit des Kadett D Chefingenieur für Motor und Fahrwerk.
Völlig unumstritten war sie freilich nicht, wie sich Friedrich W. Lohr (* 1926), als langjähriger Opel-Entwicklungschef verantwortlich für die Umstellung aller Opel-Modellreihen unterhalb des Rekord ² auf Frontantrieb, später erinnerte: „Beim internen Kampf um den Frontantrieb habe ich eines Tages gesagt: Ich hätte gerne zehn Leute, die gut fahren können, morgen auf dem Testgelände in Dudenhofen. Dort habe ich sie mit Front- und Heckantrieb an der 30%-Steigung anfahren lassen. Die wirklich guten haben es mit beiden Konzepten geschafft, die schlechten mit keinem. Damit war das Thema durch. Fortan hieß „FWD“ (Front Wheel Drive) bei uns nur noch „Fritz will das!“ Und weil das der Fritz so wollte, wurde der Kadett D also auch gebaut ...
Opel konnte damit das praktisch allen Automodellreihen von einer Generation zur nächsten eigentümliche Größenwachstum durchbrechen. Dank der konsequenten und geschickten Aufteilung der Räume für Technik, Passagiere und Gepäck innerhalb eines kompakten Fahrzeugkörpers – heute neudeutsch „Packaging“ genannt – gelang es, den neuen Kadett mit einer Länge von 3.998 mm immerhin 126 mm kürzer als seinen Vorgänger zu halten. Damit erhielt der Kadett D einen längeren Innenraum als der C und einen der längsten Innenräume in seiner Klasse. In der Breite legte der D um 66 mm auf 1636 mm zu, was aber auch dem verbesserten Seitenaufprallschutz geschuldet war. Mit 5 mm Zuwachs auf eine Höhe von 1380 mm (Alle Maße bezogen auf die Limousinen!) bot der Kadett D seinen Insassen deutlich mehr Platz als die meisten vergleichbaren Konkurrenten. Beim Kofferraumvolumen übertraf er den Hauptkonkurrenten mit 402 Litern um rund 50 Liter. Und, was kaum jemand für möglich gehalten hatte, sogar gegenüber seinem Vorgänger mit Stufenheck war ein Plus von 24 Litern zu verzeichnen. Die Ablösung der alten Starrachse hinten durch eine Verbundlenkerachse, an der Vorderachse kamen McPherson-Federbeine zur Verwendung, hatte ebenfalls positive Auswirkungen auf die Raumausnutzung. Der 42 Liter fassende Tank (Kombi 50 Liter) konnte unter der Rücksitzbank untergebracht werden und ermöglichte mit der jetzt umlegbaren Rücksitzbank eine flexible und ökonomische Beladungsmöglichkeit, die sich allerdings nur in Verbindung mit der großen Heckklappe völlig ausnutzen ließ. Vom quer eingebauten Motor und der dadurch möglichen flacheren Haube profitierte auch die Aerodynamik: Mit einem cw-Wert von 0,39 wies sich der Kadett D als eines der windschlüpfigsten Fahrzeuge in seiner Kategorie aus!
Ab dem Verkaufsstart wartete der neue Kadett mit einem völlig neu konstruierten 1,3-Liter-Motor auf, ausgestattet mit einem Querstrom-Zylinderkopf aus Leichtmetall und obenliegender Nockenwelle. Dieser neue OHC-Motor war für den D in zwei Leistungsstufen lieferbar, die als 1.3 N für 60 PS und als höher verdichteter 1.3 S für 75 PS Leistung ausgelegt waren. (Die Buchstaben in den Modellbezeichnungen geben an, welche Kraftstoffsorte der jeweilige Motor benötigt. Der 1.3 N begnügte sich also mit N wie Normalbenzin, während der 1.3 S nach Super verlangte.)
Karosserie
Gegenüber dem Kadett C wurde das Angebot an Karosserieformen merklich gestrafft. Die klassische Limousine mit gesondertem Kofferabteil, sprich mit Stufenheck, gab es nicht mehr. Um deren in Sachen Auto eher konservativ eingestellte Käuferschaft dennoch bei der Stange zu halten, gab es alternativ zur Schrägheck-Version mit großer Heckklappe auch eine Variante mit – ausdrücklich als solchem bezeichneten – Kofferraumdeckel. Ein Coupe, dem der Kadett C ja fraglos den größten Teil seines späteren Kultstatus verdankt, wurde ebenfalls nicht mehr angeboten. Die zweitürige Schrägheck-Version des D ist sicher eher als Nachfolge des im Mai 1975 vorgestellten, kompakten Kadett C City anzusehen. Der Kadett D wurde in folgenden Karosserieformen angeboten:
- Schräghecklimousine mit zwei oder vier Türen und kleiner, unterhalb der Heckscheibe angeschlagener Kofferraumklappe mit außenliegenden (!) Scharnieren.
- Schräghecklimousine mit zwei oder vier Türen und großer, oberhalb der Heckscheibe angeschlagener Heckklappe.
- Kombi (Caravan) mit zwei oder vier Türen (Ladevolumen bis zu 1.425 Liter).
- Lieferwagen mit zwei Türen und ohne hintere Seitenfenster; erst ab 09/1983.
Der Opel Kadett D wurde zunächst in folgenden Ausstattungsvarianten angeboten:
- Limousine: Kadett (Standard), Kadett Luxus (bis 08/1981 ohne Luxus-Schriftzug), Kadett Berlina
- Kombi: Kadett Caravan (Standard), Kadett Caravan Luxus (bis 08/1981 ohne Luxus-Schriftzug)
¹ Zur grundlegenden Entwicklung des Frontantriebs bei Opel ist beim Corsa A bereits einiges ausgeführt.
² Also Kadett und Ascona – ein Manta C mit Frontantrieb war offenbar nicht in Planung! Der Corsa war damals noch in der Entwicklung.