Karosseriebauer - GLÄSER in Dresden

Beiträge zu historischen Opel-Modellen von Fremdherstellern (z. B. Karosseriehersteller)
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TseHa
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Karosseriebauer - GLÄSER in Dresden

Beitrag von TseHa » Fr 17. Okt 2008, 03:33

[_mg]http://opelmodellforum.de/phpBB3/downlo ... &mode=view[/img]

Geschichte der Gläserkarosserie GmbH

Man schrieb das Jahr 1864, als der gelernte Sattler und Wagenbauer Carl Heinrich Gläser (*1831, †1902) in der Rampischen Str. 6 in Dresden eine Werkstätte zum Bau von Chaisen (Kutschwagen) und Pferdeschlitten gründete. Ganz offenbar waren die von ihm gebauten Kutschen und Schlitten von bester Qualität, denn der gute Ruf seiner Erzeugnisse brachte ihm bereits 1865 erste Aufträge vom Königlichen Marstall und vom Königlichen Oberstallamt in Dresden ein.

Sehr früh schon bezog Gläser Rohbauten als Zulieferungen von anderen Handwerkern, die dann in seiner Werkstatt bespannt, gepolstert und lackiert wurden. Einer dieser Kontrakt-Unternehmer war Friedrich August Emil Heuer, der am 1. April 1884 mit seinem Bruder Robert eine selbstständige Schmiede- und Kutschwagenwerkstatt in Radeberg in der Nähe von Dresden gegründet hatte. 1885 heiratete er Gläsers Tochter, blieb aber selbständig und belieferte Gläser weiterhin mit Rohbauten. Erst 1898 wurde der Schwiegersohn Mitinhaber der Luxuswagenfabrik Heinrich Gläser - so der offizielle Name.

Emil Heuer baute die Firma zielstrebig weiter aus. Weitblickend hatte er früh die Gefahren, aber auch die Chancen erkannt, die von der sich entwickelnden Automobilindustrie für den Kutschenbau ausgingen. Nun, zu dieser Zeit gab es noch keine selbsttragenden Karosserien - die Techniken und Werkstoffe für Kfz-Aufbauten waren von der Kutschenfertigung entlehnt, und so war es für ein Unternehmen wie Gläser zur damaligen Zeit recht problemlos möglich, vom Kutschen- zum Karosseriebau überzugehen. Schon früh war es daher üblich, dass Kunden nur das Chassis, also Fahrwerk und Motor (mit Haube), bestellten, um dann bei einem „Karosserie- schneider“ den Aufbau - oftmals nach eigenen Vorstellungen - separat anfertigen zu lassen.

Um die Jahrhundertwende hatte Heuer den Gedanken, Automobilkarosserien zu bauen, in konkrete Vorstellungen und Pläne gefasst, die er allerdings erst nach dem Tod von Carl Heinrich Gläser 1902 in die Tat umsetzen konnte, als er alleiniger Geschäftsführer und Inhaber der Firma Gläser wurde. Um so zügiger ging es aber nun ans Werk, und noch 1902 wurde die erste „Motorkutsche“ mit Gläser-Aufbau, ein Mercedes, fertiggestellt!

Nicht hierfür, sondern für die jahrzehntelang und zahlreich an den sächsischen Hof gelieferten Kutschen, wurde Friedrich August Emil Heuer am 6. Juli 1903 das Prädikat „Königlicher Hofwagenbauer“ verliehen. Erst Friedrich August III. (*1865, †1932), von 1904 – 1918 letzter sächsischer König, bestellte im Jahre 1905 das erste Automobil, obwohl auch er diesen „neumodischen Vehikeln“ zu dieser Zeit noch sehr ablehnend gegenüberstand. Schließlich war Seine Majestät ge- lernter Kavallerist und wusste daher, dass ein Pferd praktisch immer läuft...

Heuer wandelte die Unternehmung in die Gläserkarosserie GmbH Heinrich Gläser um und trieb bis zum Beginn des I. Weltkriegs die Entwicklung von Automobilkarosserien energisch voran. Nach Kriegsende im Jahr 1918 gab er dann die Geschäftsführung der Firma an seinen ältesten Sohn Georg ab, blieb aber weiterhin persönlich haftender Gesellschafter. Mit Erich stieg wenig später das zweite der vier Kinder Heuers - Georg, Erich, Edmund und Johanna - leitend in das Geschäft ein.

Besonders spektakulär waren die 1922/23 von Gläser mit Stromlinienkarosserien nach den Ideen des berühmten Ingenieurs Paul Jaray ausgestatteten Wagen. Jaray wandte seine Erkenntnisse zur Aerodynamik aus dem Bau von Flugzeugen und Luftschiffen bei Zeppelin, wo er Oberingeneur war, auch auf den Automobilbau an. Der untere Teil der Stromlinienkarosserie entspricht einem Segment einer Flugzeugtragfläche, der obere ist ein halbierter spindelförmiger Drehkörper, der der Form der Zeppeline nachgebildet ist.
Jaray_Ley.jpg
Dem ersten Prototyp, einem T6 des kleinen Arnstädter Autoherstellers Ley (im Bild), folgten ein Audi 14/50 PS Typ K und ein Dixi 6/24 PS Typ G7. Bereits mit diesen ersten Fahrzeugen konnten die erreichbaren Maximalgeschwindigkeiten gegenüber serienmäßigen Karosserien deutlich überboten werden: beim Audi waren es 130 km/h : 95 km/h, beim Dixi 100 km/h : 80 km/h.

Berühmt wurden Gläser'sche Automobilkarosserien im Jahre 1925, als man erstmals ein Cabrio für den rennomierten Zwickauer Hersteller Horch karossierte. Ein wesentlicher Fortschritt wurde durch den Erwerb der Nutzungsrechte für Kfz-Karosserien nach den Patenten des Elsässers Charley Weymann (1887 - 1976) erzielt. Nach Weymann wurden die hölzernen Gerippe nicht mehr verleimt oder gedübelt, sondern mit Metalllaschen verschraubt und dann mit Kunstleder bespannt, was neben besserer Stabilität bei gleich- zeitig größerer Flexibilität auch eine deutliche Gewichtsersparnis und Geräuschdämmung ergab. Cabrios und offene Sportwagen von Gläser wurden alsbald zu einem Wertbegriff und brachten der Dresdener Firma hohes Ansehen ein. Gläser wurde besonders gerühmt für den sehr einfach zu bedienenden und leichtgängigen Mechanismus der Klappverdecke, auf den man mehrere Patente besaß.

1927 verhalf dies Gläser zu einer intensiven Zusammenarbeit mit der General Motors GmbH Berlin-Borsigwalde. Die Amerikaner eroberten zu dieser Zeit in Deutschland hervorragende Marktpositionen, und dies besonders in den oberen Klassen. Zumal, nachdem sie gelernt hatten, dass es klug war, die Karosserien dem europäischen bzw. deutschen Geschmack anzupassen! Neben exklusiven Einzelanfertigungen baute man in Hunderter Auflagen Buick 4-Fenster- und auch Pullman-Cabrios, für Chevrolet 2-Fenster Serien- cabrios.
Gläser entwickelte sich damit zum größten deutschen Karosseriebaubetrieb. Insbesondere Georg Heuer zeichnete verantwortlich für die Entwicklung der Karosserien. Die von ihm anfangs der 30er Jahre geschaffenen Cabriolets zeichneten sich durch besonders harmonische Linienführung und ausgewogene Symmetrie aus. Das erwähnte 6-fenstrige Pullman-Cabriolet zählt nicht nur gestal- terisch, sondern auch technisch-konstruktiv zu den Meilensteinen des Karosseriebaus.
Buick 20/100 PS Modell 60 CC. Pullmann-Cabriolet 1930.
Buick 20/100 PS Modell 60 CC. Pullmann-Cabriolet 1930.
Chevrolet 6 12/50PS Serie AE 1931.
Chevrolet 6 12/50PS Serie AE 1931.
Aber dann ließ die Weltwirtschaftskrise 1931 die Amerikaner auf dem deutschen Markt fast vollkommen einbrechen. Durch die Stornierung eines weiteren Großauftrags von General Motors, den dann die deutsch-amerikanische Firma Ambi-Budd in Berlin erhielt, geriet Gläser in äußerste finanzielle Schwierigkeiten. In dieser Lage sah Georg Heuer anfangs 1932 tragischer Weise keinen anderen Ausweg mehr und setzte seinem Leben ein Ende. Nach dem Freitod seines Sohnes kehrte der damals 74-jährige Vater Emil Heuer vorübergehend wieder an die Spitze des Unternehmens zurück, bevor er selbst auch noch im Jahre 1932 verstarb.

Doch zum Glück für Gläser entstand im Krisenjahr 1931 auch die AUTO-UNION als Zusammenschluß der vier sächsischen Marken Audi, DKW, Horch und Wanderer, deren Haus- und Hoflieferant die Dresdener wurden. Mit der AUTO-UNION als starkem Partner ging es wieder aufwärts, und in der Folge karossierte Gläser für praktisch alle deutschen, aber auch für etliche ausländische Marken.
Horch Typ 40 als Kfz. 15. Hier mit angehängter 3,7 cm Panzerabwehrkanone auf einer Erprobungsfahrt.
Horch Typ 40 als Kfz. 15. Hier mit angehängter 3,7 cm Panzerabwehrkanone auf einer Erprobungsfahrt.
Ab etwa 1935 gab es zunehmend Aufträge von der im forcierten Aufbau befindlichen Wehrmacht. So beteiligte sich Gläser mit Zulieferungen von Aufbauten für den „Mittleren geländegängigen Einheits-Pkw mit Zughaken“ Kfz. 15 an Horch als Hauptauftragnehmer zur Herstellung dieses Viersitzers.
Zuletzt geändert von TseHa am Mi 22. Okt 2008, 14:21, insgesamt 6-mal geändert.

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Gläser 2

Beitrag von TseHa » Sa 18. Okt 2008, 03:03

Nach der Weltwirtschaftskrise von 1931 erlangte General Motors zwar nicht wieder die Bedeutung für Gläser wie zuvor. (Und sicher hätten sich die Dresdener nie wieder so abhängig von den Detroitern gemacht!) Gleichwohl ließ GM weiterhin bei Gläser entwickeln und bauen.


Wesentlich wichtiger für Gläser wurde dann in den dreißiger Jahren Opel! Die Güte der Gläser'schen Verdecke veranlasste die expandierenden Rüsselsheimer, die Zulieferung montagefertiger Verdecke für die eigenen Werkscabrios zunehmend den Dresdener Spezialisten zu übertragen. Was für beide Seiten von großem Vorteil war: Opel-Wagen gewannen dadurch zusätzliche Qualität und in der Firma wurden Arbeitskräfte für andere Aufgaben frei; für Gläser ergab sich durch diesen potenten Großkunden ein zweiter Schwerpunkt der Fertigung!

Ganz sicher hatte Gläser zuvor schon Karosserien für Opel-Wagen gebaut, aber leider haben wir dazu weder gesicherte Erkenntnisse noch Dokumente. Deshalb ist der Opel 2 Liter der erste, den wir hier vorstellen können.
Der 2 Liter (1,9l-Sechszylinder mit 36 PS) entstand 1933 parallel zum und als größerer Bruder des Opel 1,3 Liter (1,3l-Vierzylinder mit 24 PS). Beide Modelle kamen im Januar 1934 in den Handel und zeigten neu entwickelte und optisch wesentlich ansprechendere Karosserien als ihre Vorgänger 1,2 / 1,8 Liter von 1931. Fahrwerkstechnisch waren sie weitestgehend identisch, was heißt: beide litten an dem „amerikanischen“ Fahrwerk, dass für deutsche Straßenverhältnisse allzu weich abgestimmt war. Den 1,3 Liter, zusätzlich an schwacher Motorisierung krankend, löste Opel bereits 1935 nach nur 29.002 gebauten Einheiten durch den revolutionären Olympia (1. deutsches Auto mit selbsttragender Ganzstahlkarosserie!) ab. Mit strafferer Federung blieb der 2 Liter bis 1937 im Programm, und mit einer Gesamtproduktion von 52.594 darf er denn dann doch als Erfolgsmodell in der gehobenen Mittelklasse gesehen werden.
Glaeser_2La.jpg
Von 08/1934 bis 12/1936 wurde der 2 Liter als Modell 20120 (intern) auch in 2.050 Exemplaren als Sechssitzer mit längerem Radstand gebaut. Hier in der ganz seltenen Bauform als Landaulet. Allerdings sind bei dieser Ausführung die Experten uneins, ob es von Gläser oder Hebmüller stammt.
Glaeser_2L.jpg
Ganz zweifelsfrei von Gläser sind die folgenden. Zunächst ein rassiger Roadster von 1935. Man beachte die Abdeckung der hinteren Räder!
Glaeser_2Lb.jpg
2 Liter Sport-Zweisitzer. Anhand dieser herrlichen Farbaufnahme sei einmal darauf hingewiesen, dass die allermeisten Gläser-Werksaufnahmen am rechten Elbeufer gegenüber der wunderschönen historischen Dresdener Altstadt entstanden.
Glaeser_2Lc.jpg
Weitere Bilder zum 2 Liter Sport-Zweisitzer, den es (s.u.) in verschieden Varianten gab.
Glaeser_2Ld.jpg
Glaeser_2Ls.jpg
Nicht völlig klar ist, ob Gläser auch die Karosserien für die legendären 2 Liter Geländesportwagen beisteuerte.

1937 wurde der 2 Liter vom Opel 2,5 Liter Super 6 abgelöst.
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Gläser 3

Beitrag von TseHa » Sa 18. Okt 2008, 03:15

Nachfolger des 2 Liter wurde 1937 der Opel Super 6.

Werksintern als Modell 25104 bezeichnet, ging der Super 6 im November 1936 in die Fertigung, die bis April 1938 lief. Mit Änderungen an der Lenkung und verbreiterter hinterer Spur wurde er als Modell 3700 noch von April bis November 1938 gebaut. Trotz dieser recht kurzen Bauzeit erreichte der Super 6 mit 46.453 Einheiten fast die Auflage seines deutlich länger gebauten Vorgängers!

Geheimnis und Herzstück dieses großen Erfolgs war der völlig neu konstruierte 2,5 Liter Sechszylinder-OHV-Motor, der aus 2473cm³ Hubraum bei 3600U/min 55 überaus muntere PS mobilisierte. Eine brilliante Konstruktion - so hervorragend gelungen, dass sie bis 1966 (!) in allen großen Opel-Modellen verwendet wurde! Davon abgeleitet wurden die 3,6 Liter Ausführung für den Admiral (ab Frühjahr 1938 auch in den Lkw Blitz 3t S eingebaut) und der kleinere Vierzylinder mit 1,5 Liter Hubraum, ab 1938 im Olympia (OL38) verwendet.

Der Öffentlichkeit vorgestellt wurde der neue Super 6 im Februar 1937 im Rahmen der Internationalen Automobil- und Motorrad-Ausstellung in Berlin (IAMA) zusammen mit dem gleichfalls neuen Kleinwagen Opel Kadett (Modell 11234). Durch den Abstand von mehreren Monaten zwischen Fertigungsbeginn und Vorstellung wurde den Karosseriebauern Gelegenheit gegeben, ihre diversen Sonderaufbauten zu entwickeln und zu bauen. Im Glanze dieser luxuriösen Schmuckstücke erschienen ja auch die normalen Werksversionen noch begehrenswerter!
Glaeser_S6d.jpg
Gläser hatte eine ganze Modell-Palette auf der Basis des Super 6 parat: 2/3-sitziges Sportwagen-Cabriolet („Schwiegermuttersitz“), 2/4-sitziges Sportwagen-Cabriolet (2 Notsitze) und 4-sitziges 4-Fenster-Cabriolet!
Bilder von der IAMA Berlin 1937:
Glaeser_S6e.jpg
Das folgende Bild zeigt überdeutlich an, wie auch diese wichtige internationale Veranstaltung propagandistisch ausgeschlachtet wurde..
Glaeser_S6f.jpg
Glaeser_S6a.jpg
Super 6 2/3 Cabriolet 1937.
Glaeser_S6b.jpg
Leider ist in dieser Heckansicht die Klappe des Schwiegermuttersitzes nicht sehr deutlich zu erkennen.
Glaeser_S6c.jpg
Dafür umso schöner auf dieser Prospektabbildung!

Nachfolger des Super 6 wurde der Opel Kapitän, doch chronologisch kommt zunächst der Opel Admiral.
Zuletzt geändert von TseHa am Mo 20. Okt 2008, 12:49, insgesamt 2-mal geändert.

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Gläser 4

Beitrag von TseHa » Sa 18. Okt 2008, 17:02

Zunächst ein Rückblick: Zuletzt im Jahre 1928 bot Opel seiner Kundschaft einen großen Wagen der Luxusklasse an, einen splendiden 6 Liter-Achtzylinder mit der Bezeichnung Opel 24/110 PS Regent. Doch wenig später gehörten 80% des Opel-Kapitals General Motors, und offenbar standen angesichts dieses zwei-Tonnen-Fahrzeugs den Herren in Detroit die Haare zu Berge bei dem Gedanken, was wohl aus dem Absatz ihrer Cadillac- und Buick-Modelle werden könne, wenn die deutsche Tochter...
Regent28_1.jpg
Das durfte nicht sein! So kam es zu einem unerhörten und in der Automobilgeschichte einmaligen Vorgang: Die weitere Produktion wurde untersagt, und, mehr noch, im Frühjahr 1929 mußte Opel alle verkauften Fahrzeuge zurückkaufen und die bis dahin 25 Stück produzierten Wagen verschrotten. Nicht ausgenommen das persönliche Coupe von Fritz von Opel (Bild), das 1928 beim Baden-Badener Automobil Concours den 1. Preis erhalten hatte! Opels Chefkonstrukteur sollte diesen Schlag ins Gesicht nicht vergessen.

Per Dekret aus Detroit hatte sich Opel in den nächsten Jahren auf Klein- und Mittelklassewagen zu beschränken. Dem entsprechend groß waren Überraschung und Begeisterung beim Fach- wie beim Laienpublikum der Internationalen Automobil- und Motorrad- Ausstellung Berlin 1938, als Opel den Admiral vorstellte und damit unübersehbar kundtat, wieder in der Luxusklasse, die damals bei Wagen mit einem Hubraum über 3 Literm angesetzt war, mitmischen zu wollen. Eine der Sensationen dieser Veranstaltung!

Gläser war mit einem prächtigen 2/4-sitzigen Cabriolet vertreten. Entsprechend hochgestimmt äüßerte sich die zeitgenössische Fachpresse:
Glaeser_Ad4.jpg
„Der deutsche Karosseriebauer hat sich einen internationalen Ruf geschaffen. Unser Bild zeigt ein wunderbares Kabriolett von Gläser auf Opel Admiral. Das Verdeck verschwindet vollkommen und hat vollautomatische Betätigung.“ (Damit machen noch heute manche Reklame, als hätten sie's soeben erfunden...)

In der Tat war der Admiral nicht nur wegen seiner Maße (L × B × H) von 5270 × 1800 × 1630 mm ein überaus beeindruckendes Auto: Für vergleichsweise günstige 6.500 RM (Limousine) bzw. 7.000 RM (4-Türen/4-Fenster-Werkscabriolet) mit allem erdenklichen Sonderzubehör und einem 3,6-Liter-Sechszylinder mit 75 PS ausgestattet, der es problemlos erlaubte, die Höchstgeschwindigkeit von 132 km/h als Dauergeschwindigkeit zu fahren, war der Wagen mehr als nur eine Alternative zu Maybach, Horch oder Mercedes-Benz. Das Opel-Topmodell eroberte in der Spitzenklasse zeitweise einen Marktanteil von 25 Prozent.

Internationale Automobil- und Motorrad- Ausstellung Berlin 1939 - Blick auf den Gläser-Stand. Ausdruck stolzen Selbstbewußtseins - der Gläser-Stand auf der IAMA nahm mehr Raum ein als der der meisten Autohersteller! Links vorne steht Opels Flaggschiff Admiral als hinreißendes 2/4-sitziges Cabriolet. Ein Prunkstück!
Glaeser_IAA.jpg
Die würdige Gesellschaft bilden ein Audi 920 4-Fenster-Cabrio (rechts daneben), ein Wanderer W23 4-Fenster-Cabrio (hinter dem Admiral), davon rechts ein Horch 930 (oder 850/853?) fast in Frontansicht, und ein Steyr 220 Sport steht quer im Vordergrund.
Glaeser_Ad3.jpg
Titelblatt des Verkaufsprospekts.
Glaeser_Ad1.jpg
Gläser Werksaufnahmen
Glaeser_Ad2.jpg
Der Admiral galt als repräsentativer, komfortabler und schneller Reisewagen, der besonders für den Einsatz auf den neuen Reichsautobahnen konzipiert war: → Alter Werbefilm! Bei einem Verbrauch von ca. 18 l/100 km konnten fast 400 km gefahren werden. Die Produktion endete im Oktober 1939, da die Motoren kriegsbedingt für die Dreitonner-Lkw Opel Blitz benötigt wurden. Zahlreiche Opel Admiral wurden in der Folge von der Wehrmacht requiriert, um als Stabswagen für Generale und andere hohe Offiziere eingesetzt zu werden.

Insgesamt wurden in den rund zwei Jahren von 1937 (8), 1938 (3340) bis 1939 (3056) nur 6.404 Opel Admiral gebaut. Davon entstanden 3.500 als 4-Tür-Limousine, 2.314 als 4-Tür-Werkscabriolet und 590 als Chassis für Spezialaufbauten (u.a. Pullman-Limousine mit Hebmüller-Aufbau, Krankenwagen von Miesen). Rund 80 dieser 590, eine recht geringe Stückzahl also, wurden von Gläser und Hebmüller zu Cabrios aufgebaut.

Letztes vor dem Krieg neu vorgestelltes Modell war dann der Kapitän.

Fortsetzung folgt!
Dateianhänge
Glaeser.jpg

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Gläser 5

Beitrag von TseHa » So 19. Okt 2008, 23:08

Ende 1938 ersetzte der Kapitän im Opel-Angebot den überaus erfolgreichen Super 6. Von diesem übernahm er den glänzend gelungenen Sechszylinder-OHV-Motor mit 2,5-Litern. Ansonsten aber war der Kapitän eine völlige Neuentwicklung, deren überaus modern anmutende Stromöinienkarosserie mit den characteristischen achteckigen Scheinwerfergläsern im Windkanal entwickelt worden war. Seinen ersten ganz großen Auftritt hatte er auf der IAMA in Berlin im Februar 1939. Das ab Werk angebotene 2-Türen/4-Sitzer Cabrio ergänzte Gläser um eine noch schnittigere 2/2-sitzige Ausführung. Hier Abbildungen aus dem Verkaufsprospekt.
Glaeser_K39a.jpg
Glaeser_K39b.jpg
Werkaufnahmen des Gläser Kapitän Cabrios liegen leider nicht vor. Deshalb hier zwei Bilder von Wagen, die glücklicher Weise überlebt haben.
Glaeser_K39c.jpg
Glaeser_K39g.jpg
Während in Rüsselsheim die Fertigung wie beim Admiral bald nach Kriegsbeginn eingestellt wurde, um die Motoren für die Lkw-Produktion freizumachen, lief der Kapitän im Rotterdamer GM-Werk noch bis Sommer 1940 vom Band. In den westeuropäischen Ländern hieß er übrigens nicht Kapitän - das erschien den Marktstrategen wohl zu militärisch angehaucht - sondern Opel Super Six. Insgesamt erreichte das Modell 25.374 Ausführungen, wovon 248, vornehmlich von Gläser und Hebmüller als Cabrios gestaltet wurden.

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Gläser 6

Beitrag von TseHa » Mo 20. Okt 2008, 01:34

Nach Kriegsbeginn am 1. September 1939 kam der Bau ziviler Pkw in Deutschland recht bald zum Stehen. Ab 1940 spielten Eleganz und Prestige kaum noch eine Rolle - Zweckmäßigkeit und Materialersparnis traten in den Vordergrund! Privates Autofahren war ohnehin nur noch mit Ausnahmegenehmigungen gestattet, zu deren Erlangung es schon „kriegswichtiger“ Gründe bedurfte, sofern man nicht zum Kreis jener Personengruppen zählte, die sich der wohlwollenden Gunst des Regimes erfreuten.

Wie bereits erwähnt, lieferte Gläser ab ca. 1935 Aufbauten für den „Mittleren geländegängigen Einheits-Personenkraftwagen mit Zughaken“ Kfz. 15 an Horch. Im Krieg stiegen die Produktionszahlen stark an, so dass sich nun auch Wanderer und Opel (Typ mPl) an der Herstellung beteiligten. Gläser lieferte weiterhin Karosserien - im Bild die modernere Ausführung dieses überaus bewährten Viersitzers ohne die seitlichen Stützräder, die bei den älteren Baumustern das Aufsetzen des Fahrzeugs im Gelände verhindern sollten.
Horch40_Kfz15-04.jpg
Gleichfalls enstanden nun bei Gläser auch Aufbauten für das von Kfz. 15 abgeleitete Kfz. 17, das in mehreren leicht unterschiedlichen Ausführungen als kleiner Funk-, Fernsprech- oder Nachrichtenwagen verwendet wurde.
Horch40_Kfz17-02.jpg
Eine sechssitzige Variante des Basis-Fahrzeugs lief als Kfz. 21.

Im Gegensatz zum mittleren entpuppte sich der „Leichte geländegängige Einheits-Personenkraftwagen“ Kfz. 1, den Stöwer, BMW und Hanomag (in der Reihenfolge der gelieferten Stückzahlen) bauten, unter den Bedingungen des Kriegseinsatzes als empfindsames Weichei, das serienweise ausfiel. Um den nun sprunghaft gestiegenen Bedarf der Wehrmacht an kleinen, wendigen Führungs- fahrzeugen zu decken, wurden zahlreiche der abertausenden bei Kriegsbeginn „eingezogenen“ zivilen Pkws mehr oder weniger weitreichenden Umbauten unterzogen, die sie unter Verwendung von Bauteilen aus dem Einheits-Pkw-Programm zu provisorischen Kübelwagen machten.
S6_Kuebel-09.jpg
Dabei hatten die beteiligten Karosseriebaufirmen relativ freie Hand, so dass es trotz der vom Heereswaffenamt in Berlin hastig angefertigten Musterzeichnungen die vielfältigsten Spielarten dieser Fahrzeuge gab. Übrigens erwiesen sich diese Fahrzeuge oftmals als brauchbarer und langlebiger als manche militärische Spezialkonstruktion. Das Bild zeigt einen Opel Super 6, der es in Diensten einer Panzerdivision immerhin bis auf die Krim und in den Kriegssherbst 1943 hinein geschafft hat. Das Fahrzeug ist nicht nach- weislich ein Gläser-Umbau, aber sehr typisch für seine Art.

Die Gläserkarosserie GmbH, die im weiteren Kriegsverlauf auch Zwangsarbeiter beschäftigte, fertigte aber auch andere Rüstungsgüter, so z.B. für den Fluzeugbauer Messerschmitt Lafetten für die Bordwaffen des Jagdflugzeugs Me 109 und später die Gondeln zur Aufnahme der Triebwerke des Düsenjägers Me 262, die in Regensburg-Prüfening gebaut wurden.

Außerdem wurden nun auch spezielle Lkw-Aufbauten hergestellt. Hier eine Feldküche mit Aufbau von Gläser auf Opel Blitz 3t A.
Glaeser_B3A.jpg
1943 wurde befohlen, dass die kostbaren Allrad-Blitze nur noch mit wenigen, besonders wichtigen Aufbauarten versehen werden durften. Sanitätswagen, solche Küchenwagen, schwere Funk - und Fernsprechwagen und Flugfeldtankwagen zählten dazu.

Das Ende des Kriegs für Gläser kam bei den entsetzlichen und militärisch völlig unsinnigen Luftangriffen auf Dresden am 13. und 14. Februar 1945. Der hauptsächlich der Fertigung dienende Werksteil in der Blumenstraße 88 A wurde nahezu vollständig vernichtet und auch der Werksteil in der Arnoldstraße (Verwaltung / Konstruktion / Musterbau) - beide in der Johannstadt von Dresden gelegen - wurde schwer getroffen.

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Gläser 7

Beitrag von TseHa » Mo 20. Okt 2008, 16:15

Die Nachkriegsgeschichte

Einiges, was nach der Zerstörung der Fabrikanlagen in Dresden und Beendigung des 2. Weltkriegs noch an Maschinen und Materialien vorhandenen und brauchbar war, verlagerte Erich Heuer, seit dem Tod von Bruder Georg und Vater Emil 1932 Chef des Unternehmens, noch 1945 in die Oberpfalz, wo er im Örtchen Ullersricht bei Weiden einen mühsamen Neubeginn wagte. Anfangs wurden, wie anderswo auch, kriegsbeschädigte Pkw instandgesetzt und teilweise neu karossiert. Bekannt ist etwa ein Stoewer Arkona aus 1939, der einen Coupe-Aufbau erhielt. Das schicke Fahrzeug gehörte dem Sektfabrikanten Metternich.
Nachdem Prof. Ferdinand Porsche seine Sportwagenfabrikation begonnen hatte, kam Heuer mit ihm ins Geschäft. Für den Porsche 356 wurden - ein sehr ungefährer Wert - ca. 100 - 250 Cabriolet-Karosserien hergestellt. 16 Karosserien aus Aluminium wurden für den legendären Porsche Typ 540 „America Roadster“ angefertigt.
Nach dem Tod Porsches blieben Aufträge aus Zuffenhausen aber aus. Heuer leistete sich überdies einige Fehlkalkulationen und musste leider schon im November 1952 seine Fertigung wieder einstellen.

In der sächsischen Heimat wurde das VEB Karosseriewerk Dresden (KWD) Nachfolgebetrieb der Gläserkarosserie GmbH. Nach dem Wiederaufbau der beiden Werksteile Arnoldstraße und Blumenstraße in Dresden-Joahnnstadt fertigte man zunächst Karosserien für den IFA Typ 8, dem von IFA (Industrievereinigung Fahrzeugbau) nahezu unverändert weitergebauten Vorkriegs-DKW-Typ F8. Später wurden Karosserien für den Wartburg und den IFA Typ P 240 „Sachsenring“ gefertigt. Ebenfalls beteiligte man sich an der Entwicklung der Kunststoffkarosserie des P 70. Von 1952 bis 1955 wurden auf die Karosserien der Cabrios EMW 327/2 von KWD gefertigt. (EMW = Eisenacher Motoren-Werke; gehörten bis Kriegsende BMW und alle BMW-PKw wurden in Eisenach gebaut!)
Die Baulichkeiten in der Arnoldstraße brannten noch zu DDR-Zeiten völlig ab, während der Werksteil Blumenstraße noch steht und nahezu unverändert aussieht! Bis 1990 wurden dort Serienkarosserien für den "Wartburg Tourist" gefertigt. 1994 wurde KWD privatisiert und arbeitet seitdem weiterhin als Zulieferer für die Automobilindustrie. Allerdings wurde der Hauptsitz der heutigen KWD Automotive AG & Co. KG nach Wolfsburg verlegt. Ein Zweigwerk, Karosseriewerke Dresden GmbH, befindet sich in der Heinrich-Gläser-Strasse 20 in Radeberg unweit von Dresden.

Weiterführende Hinweise:
- Forum:
* Umfassende Informationen über Gläser bietet das Gläser-Karosserien-Forum. Neben vielen anderen Beispielen zu von Gläser karossierten Wagen anderer Marken gibt es dort weitere Dokumente zu Opel, die hier nicht alle gezeigt werden können.

- Bericht vom Gläser-Treffen
* Das 1. Gläser-Karosserie-Treffen fand vom 19. - 22.07.2007 statt. Einen ausführlichen Bericht mit wunderbaren Bildern gibt es auf Opelparty.de unter *Reportagen*. Unbedingt sehenswert!

- Literatur:
* Gläser Cabriolets - Ein Stück deutscher Automobilgeschichte von Gerhard Mirsching; Motorbuch Verlag 1987, ISBN 3-613-01193-X
* Automobilkarosserien aus Dresden - Von Gläser zu KWD von Gerhard Mirsching; Edition Reintzsch 1996, ISBN 3-930846-08-X
Glaeser_Kut.jpg
- Kutschfahrten
* In liebevoll restaurierten historischen Gläser-Kutschen kann man sich vom Kutsch- und Kremserbetrieb der Familie Gürntke durch Dresden oder zum Jagdschloss Moritzburg chauffieren lassen.

Zum Abschluss noch ein paar Bilder...
Opel 2 Liter
Opel 2 Liter
Opel Super 6
Opel Super 6
Opel Kapitän
Opel Kapitän
Opel Admiral
Opel Admiral

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