Kleine Typenkunde — Kapitän P2,5 (1958-1959)
Verfasst: Do 12. Feb 2009, 19:15
Kapitän P2,5
Fast vier Jahre hatte Opel in die Entwicklung und Fertigungsvorbereitung gesteckt - nach nur knapp dreizehn Monaten Produktionszeit ließ man ihn sang- und klanglos abtreten.
Bei seinem Erscheinen wurde er von der Presse in großer Einhelligkeit und in hohen und höchsten Tönen gelobt. Einige Stimmen dazu.
• Main-Post, Würzburg: „Ein neuer Kapitän geht auf die Reise. Die Rüsselsheimer gaben ihm alles mit, was er brauchte - eine Freude für die Augen und mehr als das...“
• Hamburger Echo: „ 'Sicherheit zuerst' hieß diesmal der Grundsatz in Rüsselsheim. Dass dabei Komfort und Eleganz nicht zu kurz kommen, versteht sich bei Opel von selbst!“
• Die ADAC-Motorwelt spricht von der „repräsentativen Visitenkarte des Rüsselsheimer Werkes, nicht nur für Deutschland, sondern für Europa, ja für die Welt...“!
Soweit. Als Auto „mit hinterem Notausstieg“ gescholten oder gar als „Blechgeschwür“ verunglimpft endete er.
Damit hat der werksintern als „Kapitän P“ bezeichnete Wagen im damals hochaktuellen amerikanischen „Dreamboat“-Stil mit den großen, gewölbten Panoramascheiben und den betonten „Heckflossen“ eine ziemlich einmalige Geschichte in der langen Reihe der Opel-Großwagen. Der Volksmund gab ihm wegen der charakteristischen Form der Heckleuchten alsbald den Namen „Schlüsselloch“-Kapitän!
Bei kaum einem anderen Wagen zuvor hatte Opel derart viel an Vorbereitung und Entwicklung investiert. Wegen der vielen Änderungen und Neuerungen begannen die Arbeiten bereits 1954, also kaum, dass man den ersten komplett neuentwickelten Nachkriegs-Kapitän vorgestellt hatte! Einige dieser Dinge flossen bereits in dessen Überarbeitungen 1955 und 1957 ein. Der Kapitän P2,5, wie wir ihn heute zumeist nennen, war in ungezählten Stunden auf dem hauseigenen Prüffeld auf Herz und Nieren untersucht worden. Bei mehreren Erprobungen im Ausland hatte man ihn extremsten Bedingungen ausgesetzt. So z.B. in Portugal, wo er als Chevrolet getarnt seine Tests absolvierte. Dort entdeckte ihn ein urlaubender Journalist und schoss heimlich Fotos, die der Glücksritter für gutes Geld bei einer Agentur in Paris loswurde. So erfuhren die Kunden früher als geplant, was bald beim freundlichen Opel-Händler zu bestellen sein würde.
Opel stellte große Erwartungen an den neuen Kapitän – schließlich sollte er die Vormachtstellung im Markt der großen Wagen gegenüber Mercedes-Benz behaupten! Da 1958 wegen des zweijährigen Turnus keine IAA stattfand, veranstaltete Opel quasi eine Mini-IAA im eigenen Haus und lud für den 10. Juni 1958 namhafte Vertreter der Tages- wie der Fachpresse nach Rüsselsheim ein.
Die Tatsache, dass sich der komplette Vorstand Präsenzpflicht auferlegt hatte, zeigt wie ernst Opel die Vorstellung des neuen Kapitän nahm. Vorstandsmitglied und Chef-Konstrukteur Dr.-Ing. e.h. Karl Stief ¹ eröffnete die Veranstaltung vor rund 150 Journalisten, Vertretern von Automobil-Clubs u.a. mit einem Vortrag, in dem er die grundlegenden Zielsetzungen bei der Entwicklung wie Wirtschaftlichkeit, Gebrauchstüchtigkeit, Zuverlässigkeit, Bequemlichkeit, Aussehen und gestiegenen Komfort erläuterte. Anschließend stellte sein engster Mitarbeiter Hans Mersheimer ausführlich alle technischen Einzelheiten und die vielen Neuheiten des Kapitän vor. So theoretisch gerüstet, konnten sich die Pressevertreter dann praktisch von den zuvor geschilderten Qualitäten des Kapitän überzeugen. Abschließend wurde ihnen bei einer Führung der Produktionsablauf im Werk gezeigt.
Drei Tage nach dieser Veranstaltung, am 13. Juni 1958, begann die Auslieferung des neuen Kapitän-Modells an die Händler. Vom Anlauf der Fertigung Anfang Juni bis Ende Dezember 1958, das heißt in einem Zeitraum von nicht ganz sieben Monaten, lief die beeindruckende Zahl von 25.036 Kapitän P2,5 vom Band.
Dreamboat-Stil, Panoramascheiben und Heckflossen – keine Frage, ein schönes Auto! Durch das nach hinten stark herabgezogene Dach und die großen Panoramascheiben wirkte der Kapitän sehr elegant. Die Karosserie mit den Maßen (Länge / Breite / Höhe) 4764 x 1785 x 1500 mm war im Vergleich zum Vorgänger (4725 x 1760 x 1560 mm) etwas länger und breiter, aber vor allem niedriger geworden.
Damit sind wir aber auch schon bei der Krux des Kapitän P2.5: kein Opel vor oder nach ihm entsprach im Aussehen so getreulich den amerikanischen Vorbildern seiner Zeit! Bei der Konzeption der Formgebung hatte sich Opel allerdings wohl eher an den 2-türigen Coupes als an den 4-türigen Limousinen orientiert. Dabei hatte man irgendwie übersehen, dass den amerikanischen Designern bei den Dimensionen der dortigen Straßenkreuzer noch ganz andere Spielräume bei der Gestaltung zur Verfügung standen, als dies beim Kapitän gegeben war.
Die Folgen treten besonders in der Seitenansicht sehr anschaulich hervor. Die hintere Tür ist nicht nur sehr viel schmaler als die vordere, sie folgt auch der nach hinten abfallenden Dachlinie. Dadurch geriet der hintere Türausschnitt merklich kleiner als beim Vorgänger. Seine geringere Breite und Höhe, und zu allem Überfluss wurde auch noch der mögliche Öffnungswinkel kleiner, setzte natürlich die Bequemlichkeit beim Ein- und Aussteigen merklich herab.
Dort, wo hinten hauptsächlich der eigene Nachwuchs im Kindes- oder Jugendalter mitfuhr, mag dies keine übergroße Rolle gespielt haben. Wo der Wagen aber in seinen wichtigsten zugedachten Einsatzgebieten verwendet wurde, so z.B. im Taxigewerbe oder als Direktionswagen mit Chauffeur, war dies ein erhebliches Manko! Alsbald sprach man vom „Kapitän mit hinterem Notausstieg“.
Besonders von großgewachsenen Personen wurde bemängelt, dass man sich beim Einsteigen vorn die Knie an der A-Säule anstieß. Deren spezifische ausbuchtende Form war durch die weit herumgezogene Panoramascheibe bedingt. Die eröffnete zwar ein Blickfeld von 103 Grad, machte aber eine sehr tiefe Anbringung des Innenspiegels nötig, der nun störend genau im Blickfeld lag. Auch die in der Senkrechten sehr niedrige Heckscheibe machte, besonders bei voller Zuladung, einen Teil dessen wieder zunichte, was durch die Panoramaverglasung an besserer Rundumsicht gewonnen war. Außerdem war durch Form und Größe der hinteren Seitenscheiben die Aussicht der Fondpassagiere nicht die beste.
Kurzum: hier wurde der gerade herrschenden Mode einfach zuviel Tribut gezollt und damit der eigentlich bezweckte Effekt in sein Gegenteil verkehrt! Es fällt schwer, zu denken, dass das in fast vier Jahren Entwicklungszeit niemand gemerkt haben sollte! Oder war man irgendwann über den „point of no return“ hinaus?
Einer der wenigen, die diese Umstände bereits bei der Präsentation scharfgesichtig erkannt hatten und auch kritisch monierten, war der bekannte Journalist und Fachbuchautor Werner Oswald. Er schrieb: „Ohne die Verbesserungen in seinem mechanischen Teil unterschätzen zu wollen, scheint es uns doch, dass die formale Neugestaltung und die noch viel reichhaltigere Ausstattung wiederum, wie schon oft bei Opel, im Vordergrund des Interesses standen". Das waren deutliche Worte von Einem, dem man sonst getrost unterstellen darf, dass er Opel sehr positiv gesonnenen war!
Ansonsten erhielt die Bauweise der Karosserie zu recht gute Noten, denn u.a. hatte Opel konstruktiv viel für eine verbesserte Gestaltung der Knautschzonen und der Fahrgastzelle getan. Einen Pluspunkt verdienten sich sogar die hinteren Türen: beim P2,5 gab es erstmals bei einem Opel eine einschaltbare „Kindersicherung“!
Viel Positives gab es auch beim Fahrwerk. Der Radstand wuchs um 50 mm auf 2800 mm, die Spurweite vorn / hinten änderte sich von 1372 / 1372 mm auf 1376 / 1372 mm. Der Wagenboden und damit die Sitze lagen um 80 mm niedriger als beim Vorgänger. Dadurch rückte auch der Fahrzeugschwerpunkt tiefer. Diese Maßnahmen brachten eine spürbar geringere Kurvenneigung und bewirkten mehr Fahrstabilität. Außerdem überzeugte der neue Kapitän P2,5 mit verbesserten Bremsen und einer genauer arbeitenden Lenkung. Die weiterentwickelte Vorderachse verhinderte durch das sogenannte „Antidive-Prinzip“ bei starkem Bremsen das „In die Knie-Gehen“ des Fahrzeugs fast vollständig. Die insgesamt deutlich gewachsene Fahrsicherheit und Fahrkultur wurde von vielen Testern besonders lobend hervorgehoben.
Die Leistungserhöhung des Motors um 5 auf jetzt 80 PS glich den Zuwachs von 10 kg auf 1310 kg Leergewicht gerade so aus. Dazu ist anzumerken, dass die Zuladung deutlich von 400 auf 510 kg stieg. Die Beschleunigung von 0-100 km/h in ca. 20 Sekunden und die angegebene Höchstgeschwindigkeit von 142 km/h stellten eine kaum spürbare Verbesserung dar. Damals waren dies sehr wohl beachtliche Werte, die den Kapitän als durchzugsstarke und schnelle Reiselimousine auswiesen!
In Hinsicht auf Komfort und Variantenreichtum setzte Opels Spitzenmodell neue Maßstäbe! Ab Werk gab es den - so Opel selbst wortwörtlich - „mit etwas Zurückhaltung ausgestatteten normalen Kapitän“ zu 10.250,-- DM, während der diesmal von Anfang an angebotene Kapitän L mit seiner luxuriösen Ausstattung für 11.000,-- DM zu haben war. Laut Preislisten galten diese Preise bereits „einschließlich Opel-Frischluftheizung“.
Der Kapitän L bot für die 750,-- DM mehr ein beachtliches Ausstattungspaket. Dazu zählten u.a.:
• einzeln verschiebbare Vordersitze, Rückenlehne bis zur Waagerechten beliebig verstellbar,
• Veloursteppich auch im vorderen Fußraum,
• Radzierringe,
• Zierblenden auf den Hinterkotflügeln,
• Nebelscheinwerfer
• Rückfahrscheinwerfer.
Außerdem war er an einem Wappenornament auf der Motorhaube und einem schwungvollen „L“ auf den hinteren Türen zu erkennen.
Einzel-Vordersitze zu 150,-- DM statt vorderer Sitzbank konnten auch für die Normalausführung bestellt werden, jedoch hatten diese nur feste Lehnen. Weiter konnte sie mit Radzierringen, Nebel- und Rückfahrscheinwerfer u.a.m. aus dem L-Paket aufgewertet werden.
Wer noch mehr luxuriöse Extras wünschte – bitte, kein Problem! So gab es z.B.:
• Frischluftkurbeldach zu 500,-- DM,
• Weißwandreifen zu 109,50 DM,
• Zweifarbenlackierung zu 100,-- DM,
• Overdrive-Getriebe zu 650,-- DM (allerdings nur bei überwiegendem Langstreckenbetrieb zu empfehlen) oder
• ein Radio, je nach Typ werksseitig eingebaut für 363,-- DM bis 455,-- DM.
Die Qual der Wahl begann aber schon weit vorher: 11 einfarbige und 23 zweifarbige Außenlackierungen mit in Alabastergrau oder Schwarz abgesetztem Dach konnten beim normalen Kapitän mit fünf und bei der L-Version sogar mit acht verschiedenen Polsterstoffen kombiniert werden. Spielte man alle Möglichkeiten durch, ergaben sich insgesamt 139 (!) unterschiedliche Kombinationen ...
¹ Stief hatte die Ehrendoktorwürde für seine Verdienste um die Einführung der selbsttragenden Karosserie in den 1930er Jahren verliehen bekommen.
Fast vier Jahre hatte Opel in die Entwicklung und Fertigungsvorbereitung gesteckt - nach nur knapp dreizehn Monaten Produktionszeit ließ man ihn sang- und klanglos abtreten.
Bei seinem Erscheinen wurde er von der Presse in großer Einhelligkeit und in hohen und höchsten Tönen gelobt. Einige Stimmen dazu.
• Main-Post, Würzburg: „Ein neuer Kapitän geht auf die Reise. Die Rüsselsheimer gaben ihm alles mit, was er brauchte - eine Freude für die Augen und mehr als das...“
• Hamburger Echo: „ 'Sicherheit zuerst' hieß diesmal der Grundsatz in Rüsselsheim. Dass dabei Komfort und Eleganz nicht zu kurz kommen, versteht sich bei Opel von selbst!“
• Die ADAC-Motorwelt spricht von der „repräsentativen Visitenkarte des Rüsselsheimer Werkes, nicht nur für Deutschland, sondern für Europa, ja für die Welt...“!
Soweit. Als Auto „mit hinterem Notausstieg“ gescholten oder gar als „Blechgeschwür“ verunglimpft endete er.
Damit hat der werksintern als „Kapitän P“ bezeichnete Wagen im damals hochaktuellen amerikanischen „Dreamboat“-Stil mit den großen, gewölbten Panoramascheiben und den betonten „Heckflossen“ eine ziemlich einmalige Geschichte in der langen Reihe der Opel-Großwagen. Der Volksmund gab ihm wegen der charakteristischen Form der Heckleuchten alsbald den Namen „Schlüsselloch“-Kapitän!
Bei kaum einem anderen Wagen zuvor hatte Opel derart viel an Vorbereitung und Entwicklung investiert. Wegen der vielen Änderungen und Neuerungen begannen die Arbeiten bereits 1954, also kaum, dass man den ersten komplett neuentwickelten Nachkriegs-Kapitän vorgestellt hatte! Einige dieser Dinge flossen bereits in dessen Überarbeitungen 1955 und 1957 ein. Der Kapitän P2,5, wie wir ihn heute zumeist nennen, war in ungezählten Stunden auf dem hauseigenen Prüffeld auf Herz und Nieren untersucht worden. Bei mehreren Erprobungen im Ausland hatte man ihn extremsten Bedingungen ausgesetzt. So z.B. in Portugal, wo er als Chevrolet getarnt seine Tests absolvierte. Dort entdeckte ihn ein urlaubender Journalist und schoss heimlich Fotos, die der Glücksritter für gutes Geld bei einer Agentur in Paris loswurde. So erfuhren die Kunden früher als geplant, was bald beim freundlichen Opel-Händler zu bestellen sein würde.
Opel stellte große Erwartungen an den neuen Kapitän – schließlich sollte er die Vormachtstellung im Markt der großen Wagen gegenüber Mercedes-Benz behaupten! Da 1958 wegen des zweijährigen Turnus keine IAA stattfand, veranstaltete Opel quasi eine Mini-IAA im eigenen Haus und lud für den 10. Juni 1958 namhafte Vertreter der Tages- wie der Fachpresse nach Rüsselsheim ein.
Die Tatsache, dass sich der komplette Vorstand Präsenzpflicht auferlegt hatte, zeigt wie ernst Opel die Vorstellung des neuen Kapitän nahm. Vorstandsmitglied und Chef-Konstrukteur Dr.-Ing. e.h. Karl Stief ¹ eröffnete die Veranstaltung vor rund 150 Journalisten, Vertretern von Automobil-Clubs u.a. mit einem Vortrag, in dem er die grundlegenden Zielsetzungen bei der Entwicklung wie Wirtschaftlichkeit, Gebrauchstüchtigkeit, Zuverlässigkeit, Bequemlichkeit, Aussehen und gestiegenen Komfort erläuterte. Anschließend stellte sein engster Mitarbeiter Hans Mersheimer ausführlich alle technischen Einzelheiten und die vielen Neuheiten des Kapitän vor. So theoretisch gerüstet, konnten sich die Pressevertreter dann praktisch von den zuvor geschilderten Qualitäten des Kapitän überzeugen. Abschließend wurde ihnen bei einer Führung der Produktionsablauf im Werk gezeigt.
Drei Tage nach dieser Veranstaltung, am 13. Juni 1958, begann die Auslieferung des neuen Kapitän-Modells an die Händler. Vom Anlauf der Fertigung Anfang Juni bis Ende Dezember 1958, das heißt in einem Zeitraum von nicht ganz sieben Monaten, lief die beeindruckende Zahl von 25.036 Kapitän P2,5 vom Band.
Dreamboat-Stil, Panoramascheiben und Heckflossen – keine Frage, ein schönes Auto! Durch das nach hinten stark herabgezogene Dach und die großen Panoramascheiben wirkte der Kapitän sehr elegant. Die Karosserie mit den Maßen (Länge / Breite / Höhe) 4764 x 1785 x 1500 mm war im Vergleich zum Vorgänger (4725 x 1760 x 1560 mm) etwas länger und breiter, aber vor allem niedriger geworden.
Damit sind wir aber auch schon bei der Krux des Kapitän P2.5: kein Opel vor oder nach ihm entsprach im Aussehen so getreulich den amerikanischen Vorbildern seiner Zeit! Bei der Konzeption der Formgebung hatte sich Opel allerdings wohl eher an den 2-türigen Coupes als an den 4-türigen Limousinen orientiert. Dabei hatte man irgendwie übersehen, dass den amerikanischen Designern bei den Dimensionen der dortigen Straßenkreuzer noch ganz andere Spielräume bei der Gestaltung zur Verfügung standen, als dies beim Kapitän gegeben war.
Die Folgen treten besonders in der Seitenansicht sehr anschaulich hervor. Die hintere Tür ist nicht nur sehr viel schmaler als die vordere, sie folgt auch der nach hinten abfallenden Dachlinie. Dadurch geriet der hintere Türausschnitt merklich kleiner als beim Vorgänger. Seine geringere Breite und Höhe, und zu allem Überfluss wurde auch noch der mögliche Öffnungswinkel kleiner, setzte natürlich die Bequemlichkeit beim Ein- und Aussteigen merklich herab.
Dort, wo hinten hauptsächlich der eigene Nachwuchs im Kindes- oder Jugendalter mitfuhr, mag dies keine übergroße Rolle gespielt haben. Wo der Wagen aber in seinen wichtigsten zugedachten Einsatzgebieten verwendet wurde, so z.B. im Taxigewerbe oder als Direktionswagen mit Chauffeur, war dies ein erhebliches Manko! Alsbald sprach man vom „Kapitän mit hinterem Notausstieg“.
Besonders von großgewachsenen Personen wurde bemängelt, dass man sich beim Einsteigen vorn die Knie an der A-Säule anstieß. Deren spezifische ausbuchtende Form war durch die weit herumgezogene Panoramascheibe bedingt. Die eröffnete zwar ein Blickfeld von 103 Grad, machte aber eine sehr tiefe Anbringung des Innenspiegels nötig, der nun störend genau im Blickfeld lag. Auch die in der Senkrechten sehr niedrige Heckscheibe machte, besonders bei voller Zuladung, einen Teil dessen wieder zunichte, was durch die Panoramaverglasung an besserer Rundumsicht gewonnen war. Außerdem war durch Form und Größe der hinteren Seitenscheiben die Aussicht der Fondpassagiere nicht die beste.
Kurzum: hier wurde der gerade herrschenden Mode einfach zuviel Tribut gezollt und damit der eigentlich bezweckte Effekt in sein Gegenteil verkehrt! Es fällt schwer, zu denken, dass das in fast vier Jahren Entwicklungszeit niemand gemerkt haben sollte! Oder war man irgendwann über den „point of no return“ hinaus?
Einer der wenigen, die diese Umstände bereits bei der Präsentation scharfgesichtig erkannt hatten und auch kritisch monierten, war der bekannte Journalist und Fachbuchautor Werner Oswald. Er schrieb: „Ohne die Verbesserungen in seinem mechanischen Teil unterschätzen zu wollen, scheint es uns doch, dass die formale Neugestaltung und die noch viel reichhaltigere Ausstattung wiederum, wie schon oft bei Opel, im Vordergrund des Interesses standen". Das waren deutliche Worte von Einem, dem man sonst getrost unterstellen darf, dass er Opel sehr positiv gesonnenen war!
Ansonsten erhielt die Bauweise der Karosserie zu recht gute Noten, denn u.a. hatte Opel konstruktiv viel für eine verbesserte Gestaltung der Knautschzonen und der Fahrgastzelle getan. Einen Pluspunkt verdienten sich sogar die hinteren Türen: beim P2,5 gab es erstmals bei einem Opel eine einschaltbare „Kindersicherung“!
Viel Positives gab es auch beim Fahrwerk. Der Radstand wuchs um 50 mm auf 2800 mm, die Spurweite vorn / hinten änderte sich von 1372 / 1372 mm auf 1376 / 1372 mm. Der Wagenboden und damit die Sitze lagen um 80 mm niedriger als beim Vorgänger. Dadurch rückte auch der Fahrzeugschwerpunkt tiefer. Diese Maßnahmen brachten eine spürbar geringere Kurvenneigung und bewirkten mehr Fahrstabilität. Außerdem überzeugte der neue Kapitän P2,5 mit verbesserten Bremsen und einer genauer arbeitenden Lenkung. Die weiterentwickelte Vorderachse verhinderte durch das sogenannte „Antidive-Prinzip“ bei starkem Bremsen das „In die Knie-Gehen“ des Fahrzeugs fast vollständig. Die insgesamt deutlich gewachsene Fahrsicherheit und Fahrkultur wurde von vielen Testern besonders lobend hervorgehoben.
Die Leistungserhöhung des Motors um 5 auf jetzt 80 PS glich den Zuwachs von 10 kg auf 1310 kg Leergewicht gerade so aus. Dazu ist anzumerken, dass die Zuladung deutlich von 400 auf 510 kg stieg. Die Beschleunigung von 0-100 km/h in ca. 20 Sekunden und die angegebene Höchstgeschwindigkeit von 142 km/h stellten eine kaum spürbare Verbesserung dar. Damals waren dies sehr wohl beachtliche Werte, die den Kapitän als durchzugsstarke und schnelle Reiselimousine auswiesen!
In Hinsicht auf Komfort und Variantenreichtum setzte Opels Spitzenmodell neue Maßstäbe! Ab Werk gab es den - so Opel selbst wortwörtlich - „mit etwas Zurückhaltung ausgestatteten normalen Kapitän“ zu 10.250,-- DM, während der diesmal von Anfang an angebotene Kapitän L mit seiner luxuriösen Ausstattung für 11.000,-- DM zu haben war. Laut Preislisten galten diese Preise bereits „einschließlich Opel-Frischluftheizung“.
Der Kapitän L bot für die 750,-- DM mehr ein beachtliches Ausstattungspaket. Dazu zählten u.a.:
• einzeln verschiebbare Vordersitze, Rückenlehne bis zur Waagerechten beliebig verstellbar,
• Veloursteppich auch im vorderen Fußraum,
• Radzierringe,
• Zierblenden auf den Hinterkotflügeln,
• Nebelscheinwerfer
• Rückfahrscheinwerfer.
Außerdem war er an einem Wappenornament auf der Motorhaube und einem schwungvollen „L“ auf den hinteren Türen zu erkennen.
Einzel-Vordersitze zu 150,-- DM statt vorderer Sitzbank konnten auch für die Normalausführung bestellt werden, jedoch hatten diese nur feste Lehnen. Weiter konnte sie mit Radzierringen, Nebel- und Rückfahrscheinwerfer u.a.m. aus dem L-Paket aufgewertet werden.
Wer noch mehr luxuriöse Extras wünschte – bitte, kein Problem! So gab es z.B.:
• Frischluftkurbeldach zu 500,-- DM,
• Weißwandreifen zu 109,50 DM,
• Zweifarbenlackierung zu 100,-- DM,
• Overdrive-Getriebe zu 650,-- DM (allerdings nur bei überwiegendem Langstreckenbetrieb zu empfehlen) oder
• ein Radio, je nach Typ werksseitig eingebaut für 363,-- DM bis 455,-- DM.
Die Qual der Wahl begann aber schon weit vorher: 11 einfarbige und 23 zweifarbige Außenlackierungen mit in Alabastergrau oder Schwarz abgesetztem Dach konnten beim normalen Kapitän mit fünf und bei der L-Version sogar mit acht verschiedenen Polsterstoffen kombiniert werden. Spielte man alle Möglichkeiten durch, ergaben sich insgesamt 139 (!) unterschiedliche Kombinationen ...
¹ Stief hatte die Ehrendoktorwürde für seine Verdienste um die Einführung der selbsttragenden Karosserie in den 1930er Jahren verliehen bekommen.