Kleine Typenkunde — Ascona A (1970-1975)

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TseHa
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Kleine Typenkunde — Ascona A (1970-1975)

Beitrag von TseHa » Mo 19. Jan 2009, 22:16

Opel Ascona — Mit jedem Kilometer wächst die Freundschaft!

Der Ascona A hat nicht nur eine Geschichte, sondern auch eine überaus interessante Vorgeschichte. Opel sah sich um 1966/67 weiter auseinander strebenden Kundenwünschen gegenüber. Vielen, besonders Familien mit jungem Nachwuchs, war der damalige Kadett B nicht groß genug, nicht repräsentativ genug, als Limousine nicht sportlich genug etc. Andererseits war ihnen der Rekord C denn dann doch zu groß und zu teuer. Eine Zwickmühle für Opel.
Es musste also ein Modell her, das größen- und preismäßig zwischen Kadett und Rekord passte. Allerdings war sehr schnell klar, dass ein komplett neuer Typ kaum vor 1970 zu realisieren war. Als Lückenbüßer wurden deshalb die gerade eingeführten Varianten des Kadett B mit Schrägheck (2- und 4-türige Limousine, Coupe F) zwischen 1967 und 1970 als luxuriöseres — Aber eben nicht größeres! — Schwestermodell Olympia A gebaut. Bei Opel war man sich der Unzulänglichkeit dieser Maßnahme durchaus bewusst. Deshalb entstanden bereits 1968 Vorserienstudien für den Kadett C, der ab 1970 vom Band laufen sollte. Größer, geräumiger, sportiver als sein Vorgänger.
1968_KadC-Studie1.jpg
1968_KadC-Studie2.jpg
Doch es kam anders! Der Schweizer Bob Lutz, damals bereits eine leitende Figur im Verkauf, stritt vehement für die Einführung eines eigenständigen, neuen Modells. Seine Argumentation, dass nur ein vergrößerter Kadett das Problem nicht lösen würde, setzte sich endlich durch. In der Folge wurde der Kadett C verschoben, was dem Kadett B eine ungeplante Verlängerung der Bauzeit um drei Jahre einbrachte. Die bereits geleisteten Vorarbeiten übertrug man auf das Projekt 1450, das nun die Lücke zwischen den Modellreihen Kadett und Rekord schließen sollte. Parallel arbeiteten die Mannen um Design-Chef Charles M. „Chuck“ Jordan am Projekt 1450’’, einem Sport-Coupe.
1970_AscA_Proto.jpg
1970 wurde es dann richtig dramatisch: Ford, der Hauptkonkurrent, holte mit dem neuen, großzügig gestalteten Modell des Taunus (später nach seinem amerikanischen Designer „Knudsen-Taunus“ genannt) und dem Sportcoupe Capri zum Doppelschlag aus. Opel geriet dadurch unter erheblichen Zugzwang: Weder dem Taunus noch dem Capri standen im Opel-Programm entsprechende Modelle gegenüber. Projekt 1450 erhielt nun die höchste, Projekt 1450’’ sogar die allerhöchste Dringlichkeitsstufe.

Im Oktober 1970 war es geschafft – Auf dem Salone dell'automobile di Torino (Turiner Autosalon) konnte die Adam Opel AG ihre neue Modellreihe Ascona, benannt nach dem mondänen Ferienort am Lago Maggiore in der italienischen Schweiz, präsentieren ¹. Vom Fach- wie vom Kaufpublikum wurde der Ascona mit freundlichem Gefallen, aber keineswegs überschwänglich, begrüßt. Das elegante Sportcoupe 1450’’, als Manta bereits im September auf der IAA vorgestellt, hatte ihm die Schau doch ziemlich gestohlen...

Es gibt Autos, die sind zu klein.
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Es gibt Autos, die sind zu groß.
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Und es gibt ein Auto, das ist genau richtig!
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(Aus einem Werbefilm.) Nun, es schien niemand zu merken und noch weniger zu stören, dass der Ascona A mit 4124 mm Länge – bezogen auf die 2-türige Limousine – gerade mal 19 mm länger war als der Kadett B. Es war Opel durch das sogenannte „Packaging“, darunter ist die konsequente Optimierung der Aufteilung und Gestaltung der Räume für Technik, Passagiere und Gepäck innerhalb eines Fahrzeugkörpers zu verstehen, gelungen, den Ascona äußerlich größer erscheinen zu lassen und dabei innen durchaus komfortable Verhältnisse zu schaffen.

Ab November 1970 wurde der Ascona in Serie gebaut. Bis zum Produktionsende im Juli 1975 wurde er als 2- und 4-türige Limousine mit klassischem Stufenheck und als 2-türiger Kombi gefertigt. Alle Modelle waren in Standard- und in Luxusausstattung lieferbar.
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Den Kombi gab es wie gewohnt als CarAVan und bis 08/1972 als Ascona Voyage mit Holzdekor!
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Hinweis zu den vorstehenden Bildern: Der Voyage zeigt die Ursprungsausführung mit verchromtem Kühlergrill und Lampenzierringen aus poliertem Aluminium. Der 2-Türer steht für die Ausführung des Modelljahrs 1972 — Kühlergrill bis auf die mittlere Chromleiste und Lampenzierringe schwarz lackiert. Und 4-Türer mit schwarzem Kunststoffgrill ab Modelljahr 1974.

Der Ascona wurde mit dem 1.2 Liter 4-Zylinder-OHV-Motor mit 60 PS (vom Kadett B) und den 4-Zylinder-CIH-Motoren 1.6N mit 68 PS, 1.6S mit 80 PS und 1.9S mit 90 PS (vom Rekord C) ausgerüstet. Im Laufe der Bauzeit ergaben sich Änderungen an Lieferbarkeit und Ausführung der Motoren. Der durch die neuen Abgasbestimmungen von 1975 vorgeschriebene bleiärmere Kraftstoff brachte eine Leistungsminderung der CIH-Motoren. Übrigens erfüllte Opel als erster deutscher Hersteller die neuen Richtlinien und noch vor ihrem Inkrafttreten.
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Gerade, klare Linien - der Ascona A in Seiten- und Heckansicht
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Im März 1971 kam als dritte Ausstattungsvariante die sportlich ausgelegte SR-Version hinzu. Sie wies Sportlenkrad, Instrumentenabdeckung mit Holzfurnier (ab 08/1973 serienmäßig), Drehzahlmesser, eine Konsole für Zusatzinstrumente (Zeituhr, Amperemeter und Ölmanometer), doppelte Zierstreifen an den Karosserieseiten, verchromtes Auspuffendrohr sowie Sportfelgen auf.
AscA_4TL-SR-1.jpg
Allerdings sollen sich die meisten Käufer des SR für das — naja, nicht so besonders sportlich wirkende — Kunstlederdach entschieden haben...

Bauartänderungen ²
04/1971 - Entlüftungsgitter an der C-Säule schwarz lackiert
08/1971 - Kühlergrill und Lampenzierringe schwarz lackiert
04/1972 - Scheibenwischerarme schwarz lackiert; Vierspeichen-Sportfelgen serienmäßig bei SR-Modellen
08/1972 - Holzdekor beim Voyage entfällt
11/1972 - Stoßstangenhörner komplett aus Gummi
04/1973 - vorn aufsteckbare Kopfstützen bei allen Modellen
06/1973 - eckige Außenspiegel bei allen Modelle; serienmäßig 3-Punkt-Sicherheitsgurte vorn
08/1973 - neuer schwarzer Kunststoffgrill bei allen Modellen
01/1974 - Vierspeichen-Sportfelgen für alle Modelle serienmäßig
03/1974 - PVC-Seitenschutzleisten lieferbar, Voyage jetzt auch als CarAVan (Standardmodell) lieferbar
11/1974 - schwarze Recaro-Sportsitze für vorne lieferbar
03/1975 - Stoßstangenhörner durch Gummileisten ersetzt
___

¹ Schon den Olympia Rekord P1 aus Bieler Montagefertigung gab es in Zweifarben-Lackierung als Opel Ascona in der Schweiz. Vom Kadett B gab es ebendort eine besondere Ausstattungsvariante als Ascona 1700.
² Da sich das OMF in erster Linie mit Miniaturen der Vorbilder befasst, werden nur solche Bauartänderungen gelistet, die von außen gut sichtbar sind und deshalb für die Beurteilung von Modellen hinsichtlich ihrer Vorbildtreue oder für Modellbauer von besonderer Bedeutung sind!

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Kleine Typenkunde — Ascona A (1970-1975) / 2

Beitrag von TseHa » Di 20. Jan 2009, 03:40

Sondermodelle
Opel bot vom Ascona A insgesamt 4 Sondermodelle an:
▪ Ascona A „Holiday“ - 05/1972 bis 08/1973. Zeitgleich gab es Manta A und Kadett B als „Holiday“.
▪ Ascona A „Plus“ - 10/1973 bis 08/1974. Zeitgleich als Manta A erhältlich.
▪ Ascona A „Swinger“ - 02/1975 bis Ende der Bauzeit. Auch als Kadett C und Manta A zu haben.
▪ Ascona A „Sommer Bazar“ - 05/1975 bis Ende der Bauzeit. Auch als Manta A erhältlich.
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Der Ascona „Swinger“ war auch in den Farben Signalgelb, Signalrot, Signalgrün und Signalblau erhältlich. Der Ascona „Swinger“ ist aber sicher der polarweiß lackierte. Nur ihn gab es mit den roten Sportstreifen seitlich und mit Sportfelgen in Wagenfarbe!

Sonderkarosserien
aus der Bauzeit des Ascona A sind nicht bekannt. Allerdings baute ein Ingenieur aus der Entwicklungsabteilung dieses Unikum zusammen!
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Davon ließen sich später einige Enthusiasten anregen und bauten sowohl von der A- als auch von der B-Reihe Ascona mit Manta-Front oder Manta mit Ascona-Front um.

Sonderfahrzeuge
Die LV soll als Taxi ausgeführt worden sein. Wenn, dann sicher nicht allzu oft. Ein Kombi ist als Einsatzleitwagen für eine Feuerwehr in NRW genannt worden. (Bild gesucht!) Für mehrere Polizeien entstanden unterschiedliche Ausführungen.
AscA_Pol.jpg
Im Bild: Von Opel ohne konkreten Auftrag gebaute Ausführung als Funkstreifenwagen für die Schutzpolizei.

Export
Immerhin 37.351 Ascona A baute (nur mit dem 1.9S-Motor) das GMC-Werk in Antwerpen und verschiffte sie über Rotterdam an die Buick-Händler in den USA. Dort liefen die Limousinen als Opel 1900 Sedan (Model 51 und Model 53) und der Caravan bzw. Voyage als Opel Station Wagon (Model 54). Ab dem Modelljahr 1972 war die 4-türige Limousine für den amerikanischen Markt nicht mehr erhältlich. Und ab dem Modelljahr 1973 wurde der Caravan witziger Weise in Opel Manta Sport-Wagon umbenannt.

Ab 1971 bewährte sich der Ascona A auch im Motorsport. Aus der Vielzahl der Erfolge ragen besonders hervor:
▪ 1971, 1972 und 1973 gewinnt Kurt Waldner dreimal die Tour d'Europe.
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▪ 1972 fahren Jean Ragnotti / Pierre Thimonier bei der 41. Rallye Monte Carlo den Klassensieg heraus und werden 11. in der Gesamtwertung.
▪ 1973 soll bei der 42. Rallye Monte Carlo die Brauchbarkeit der Automatikgetriebe demonstriert werden. Was zunächst eher als PR-Gag gedacht war, endet mit dem 12. Gesamtplatz für die schwedischen Teams Lillebror Nasenius / Björn Cederberg und dem 13. für Anders Kulläng / Claes-Göran Andersson!
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▪ 1974 gewinnt der Ascona A fünf nationale europäische Rallyemeisterschaften. Den absoluten Glanzpunkt setzen Walter Röhrl / Jochen Berger, die die Rallye-Europameisterschaft erringen. Für Röhrl ist es der internationale Durchbruch.
▪ 1975 gelingt den beiden der erste Sieg bei einem Weltmeisterschafts-Lauf, der Akropolis-Rallye in Griechenland.
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Selbstverständlich verstand es die Adam Opel AG, diese Erfolge in der Werbung geschickt einzusetzen.
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Als mit Beginn der Werksferien im Juli 1975 der Bau des Ascona A beendet wurde, waren genau 645.505 Fahrzeuge entstanden.


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