Kleine Typenkunde — 1,3 Liter, 1934-1935

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TseHa
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Kleine Typenkunde — 1,3 Liter, 1934-1935

Beitrag von TseHa » Do 15. Jan 2009, 15:53

Nach zwei bereits im Dezember 1933 fertiggestellten Vorausmustern begann im Januar 1934 die Serienfertigung des 1,3 Liter parallel mit seinem größeren Bruder, dem 2 Liter 6. Wie die vorausgegangenen Modelle 1,2 Liter und 1,8 Liter waren beide maßgeblich in der Detroiter Konzernzentrale für Opel entwickelt worden. Modellpolitisch stand der 1,3 Liter nun zwischen dem Kleinwagen 1,2 Liter und dem 2 Liter, der zur oberen Mittelklasse zählte.

Vorgestellt wurden die neuen Modelle im Januar 1934 anlässlich der IAMA in Berlin. Optisch hervorstechend waren moderne, wesentlich gefälligere Karosserien, die nach den damaligen amerikanischen Prinzipien als „airflow body“ gestaltet waren. Sie „stromlinienförmig“ zu nennen, wäre sicher zu viel gesagt; „strömungsgünstig“ trifft es wohl eher. Bemerkenswert ist der recht geräumige und von außen zugängliche Kofferraum - damals beileibe noch keine Selbstverständlichkeit.
1,3 Liter_2TL_1.jpg
Vom Produktionsbeginn bis zur Einstellung der Fertigung wurde der 1,3 Liter mit vier Karosserieformen angeboten:
- zweitürige Limousine (LZ) mit 4 Fenstern,
- viertürige Limousine (LV) mit 6 Fenstern,
- zweitürige Cabrio-Limousine (CL) mit 4 Fenstern und
- zweitüriges Cabriolet (C4) mit 2 Fenstern.

Alle Ausführungen boten 4 Sitze. Preise in 1934:
2650,-- RM für die LZ,
2750,-- RM für die LV,
2950,-- RM für die CL und
3250,-- RM für das C4.
Für LZ, LV und CL erhöhten sich die Preise 1935 um je 200,-- RM; das C4 kostete 50,-- RM mehr. Das Fahrgestell wurde zwar für 2150,-- RM und später für 2350,-- RM angeboten, doch Sonderkarosserien sind bislang keine bekannt.
1,3 Liter_4TL_1.jpg
Angetrieben wurde der 1,3 Liter von einem 4-Zylinder-Reihen-Motor mit 1288 cm³ Hubraum, der bei 3200 U/min 24 PS abgab. Damit war der Wagen bei 970 kg Leer- und 1345 kg zul. Gesamtgewicht aus heutiger Sicht etwas untermotorisiert. 90 km/h waren als Höchstgeschwindugkeit möglich. Der Wagen hatte ein 3-Gang-Getriebe - 4 Gänge gab es gegen Aufpreis.

Technisch bot der Wagen eine Reihe von damals hochmodernen Details, die die Zeitgenossen aufhorchen liessen. Dazu zählten z.B. der verwindungssteife Kastenrahmen und hydraulische Bremsen. Noch aufsehenerregender: Erstmals gab es Einzelradaufhängung der Vorderachse an einem Opel-Wagen! GM hatte eine Lizenz für das französische Dubonnet-Federknie erworben, das mit Schraubenfeder und Schwinghebel kombiniert wurde. Die Hinterachse war starr ausgeführt und besaß Halbfedern und Stabilisator. Zusammen ergab dies die berühmt gewordene Opel-„Synchron-Federung“. Kein Wunder also, daß der 1,3 Liter von der Kundschaft sehr gut angenommen wurde und sich, besonders in seinem ersten Jahr, ausgezeichnet verkaufte.
1,3L_CabL_1.jpg
Allerdings hatten die amerikanischen Konstrukteure bei der Entwicklung des Fahrwerks offenbar nur ihre breiten und glatt geteerten Highways im Sinn und verschwendeten nicht einen Gedanken an europäische Straßenverhältnisse, wo selbst Fernstraßen noch staubige Schotterpisten und buckeliges Kopfsteinpflaster allgegenwärtig waren. Die Federung war viel zu weich abgestimmt - nach amerikanischen Vorstellungen diente sie eben dem Fahrkomfort und kaum der Straßenlage! Während die durch Fahrbahnunebenheiten erzeugten Nickschwingungen in Längsrichtung sehr gut verarbeitet wurden (Achsstand 2474 mm), schaukelte der 1,3 Liter mit seiner schmalen Spurbreite (vorn 1165 mm, hinten 1168 mm) in der Querrichtung stark und legte sich, besonders bei schnelleren Kurvenfahrten, bedenklich auf die Seite. Empfindliche Personen, so wird berichtet, wurden regelrecht seekrank. Richtig gefährlich wurde es, wenn die Lenkung den Fahrbahnkontakt verlor.
1,3L_Cab_1.jpg
Zwar waren die meisten Konkurrenzmodelle durchaus kaum besser - dem Ruf des 1,3 Liter waren solche Fahreigenschaften aber wenig zuträglich. Deshalb wurde die Fertigung im Oktober 1935 nach zwei knapp Jahren eingestellt. Nach den 2 Vorausmustern 1933 wurden in 1934 19.840 und in 1935 9.160, also insgesamt 29.002 1,3 Liter hergestellt. Nachfolger wurde der Olympia.

Seiten- und Heckansicht des Wagens:
1,3 Liter_4TL_5i.jpg
1,3 Liter_4TL_5g.jpg
Das letzte Bild zeigt, dass auch der kleine 1,3 Liter dann als „kv“ (kriegsverwendungsfähig) befunden wurde. Offenbar soeben erst requiriert, ist die Cabrio-Limousine bis auf den Anstrich in völlig zivilem Zustand. Der Suchscheinwerfer war damals ein durchaus beliebtes und ziviles Zubehörteil.
1,3L_CabL_WH1.jpg
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