RAK - Das Raketenzeitalter begann in Rüsselsheim! Datum:16.05.04 um 23:27 IPs: 217.229.246.146
Nachdem wir uns nun auch im Modell in die Lüfte erheben können, scheint es angebracht, hier auch mal auf die Geschichte des „Raketen-Fritz" und seiner verschiedenen RAK-Projekte einzugehen.
Nach den bahnbrechenden Veröffentlichungen von Prof. Hermann Oberth 1920, die in der Aussage gipfelten, es sei möglich, mit bemannten Raketen den Mond zu erreichen, brach ein regelrechtes „Raketenfieber" aus.
Führen wir zunächst die Hauptprotagonisten ein:
Der erste war der im I. Weltkrieg als tollkühner Testpilot berühmt gewordene Max Valier, der nunmehr unermüdlich für den Raketenantrieb warb und kämpfte und immer wieder mit berückenden Visionen auftrat. Valier träumte von der bemannten Raumfahrt. Um diesem Ziel näher zu kommen - um einen Geldgeber zu finden! - ersann er unterschiedliche Fahrzeuge (Autos und Schienenfahrzeuge), die mit Raketen betrieben werden sollten, um die Machbarkeit zu beweisen. Im Laufe des Jahres 1927 suchte der raketenbegeisterte Max Valier den Kontakt ...
zum rennsport- und technikbegeisterten Fritz von Opel. Dieser, als finanzkräftiger Opel-Spross und mittlerweile Chefkonstrukteur, erschien Valier als die geeignete Persönlichkeit, seine Träume Realität werden zu lassen. Der Rüsselsheimer Urknall für das Raketen-Zeitalter erfolgte dann im Herbst 1927. Nach einem persönlichen Treffen mit Max Valier beschloß Fritz von Opel, sich aktiv an der Entwicklung eines neuen „Raketen-Motors“ zu beteiligen. Er ließ sich von mehreren Firmen Offerten vorlegen, ...
aus denen die des Raketenherstellers Friedrich Wilhelm Sander aus Wesermünde siegreich hervorging. Sander hatte sich bereits mit Schiffssignalraketen und raketengetriebenen Rettungsgeräten einen Namen gemacht hatte, mit denen Leinen zu gestrandeten Schiffen geschossen wurden. Er wurde nun Dritter im Bunde. Zur Umsetzung des ehrgeizigen Zieles schloß von Opel einen Vertrag mit Sander: Fritz von Opel übernahm die Finanzierung der Produktion und Testversuche.
RAK1 Datum:16.05.04 um 21:00 IPs: 217.229.246.146
RAK1
Während Valier bei und mit Sander in Wesermünde (heißt übrigens heute Bremerhaven) die Entwicklung der Antriebsraketen voranbrachte, wurde in Rüsselsheim unter Fritzens Oberaufsicht eine Mannschaft um den Opel-Ingenieur Schaber und den Konstrukteur und Rennfahrer Kurt C. Volkhart gebildet, die auf der Basis eines vorhandenen 4PS-Wagens ein geeignetes Gefährt konstruierte, daß in nur wenigen Monaten zum ersten rein raketengetriebenen Fahrzeug umgebaut wurde.
RAK1 im Bau! Deutlich am Spitzkühler zu ersehen, daß ein früher 4PS die Basis lieferte.
Es ist kein Trick - Es ist ein Opel! Nicht wenige meinten, daß ganze sei nur eine geschickt aufgezogene Werbeschau von Opel: Während unter der Haube ein Rennmotor für den Vortrieb sorge, schmauchen und fauchen hinten einige „Feuerwerkskörper" ...
Doch zunächst gab noch zwei Vorversuche mit „RAK0", denn als Valier und Sander mit den Raketen in Rüsselsheim eintrafen, war RAK1 noch nicht fertiggestellt. In höchster Eile wurde auf einen 4/12PS-Versuchswagen der Baujahre 1924/25 eine primitive Holzbühne aufgebaut, die die Raketen trug. Ein winziges Stellwändchen gewährte dem Fahrer sicher eher moralischen Beistand als tatsächlichen Schutz.
Von RAK0 sind keine Aufnahmen bekannt: Offiziell existierte das Fahrzeug ja nicht! (Fotografische Rekonstruktion nach Angaben von Augenzeugen.)
Am 12. März 1928 fand unter strengster Geheimhaltung und unter Ausschluss der Öffentlichkeit der erste bemannte Raketenversuch der Welt auf der Opel-Rennbahn statt. Herbe Enttäuschung für Valier, der sich sehr danach drängte, diese Sensationstat durchzuführen, denn von Opel entschied kategorisch: „Der Volkhart fährt, der ist Rennfahrer!"
Der also von Volkhart gesteuerte Opel 4PS-Wagen legte mit den beiden Raketen, die zusammen einen Schub von 100 Kilogramm erzeugten, aber nur eine Strecke von 150 Meter zurück. In 35 Sekunden - Dampfwalzentempo! Das Gewicht des Autos samt Fahrer von knapp 600 Kilogramm war einfach zu schwer. Und dann stellte sich auch noch heraus, daß die Handbremse angezogen war! - Es heißt, die Beteiligten hätten nicht gewußt, ob sie Lachen oder Weinen sollten ...
Der Fritz sparte jedenfalls nicht mit beißenden Kommentaren, was Sander, um seinen guten Ruf fürchtend, derart in Rage brachte, daß er eine seiner stärksten Raketen an einem massiven Holzbalken befestigte und diese dann aus einem schnell als Startrampe senkrecht verbuddelten Abflußrohr auf über 2000 m Höhe gen Himmel jagte. Der Schrecken der davon völlig Überraschten war nachhaltig - Aber überzeugend!
Bei einem weiteren Versuch mit stärkeren Raketen erreichte er eine Geschwindigkeit von 75 km/h, nachdem das Auto zuvor mit seinem normalen Motor anfuhr und erst bei einem Tempo von 30 km/h ausgekuppelt und die Raketen gezündet wurden. Die prinzipielle Machbarkeit war erwiesen!
Derart ermutigt entschloss sich das Team an die Öffentlichkeit zu gehen, was dann am 11. April 1928 geschah. An diesem denkwürdigen Tag wurde der staunenden Öffentlichkeit der endgültige Raketenversuchswagen auf der Opel-Bahn bei Rüsselsheim vorgestellt.
Wieder wurde Valier düpiert: Volkhart fuhr auch RAK1. Valier ertrotzte daraufhin, daß er wenigsten mit einem weißen Tashentuch das Startzeichen geben durfte ...
Die Fahrt dauerte nur 8 Sekunden und RAK1 erreichte mit Kurt C. Volkhart am Steuer eine Geschwindigkeit von 100 km/h in acht Sekunden, obwohl fünf der zwölf Feststoffraketen nicht zündeten. Nicht gerade sensationell - Autos mit Kolbenmotoren erreichten bereits deutlich höhere Geschwindigkeiten - aber die Reaktionen von Publikum und Presse waren einhellig begeistert.
Die Macher sahen die Sache etwas nüchterner. Das Ergebnis war zwar bei weitem kein Fehlschlag, und Volkhart war durchaus der Ansicht, daß dem RAK1 noch viel mehr zu entlocken gewesen wäre! Aber die Rüsselsheimer Hausstrecke erlaubte keine höheren Geschwindigkeiten - Volkhart hatte bereits am oberen Rand der Bahn gekratzt!
So wurde beschlossen, die Versuche nach Berlin auf die Avus zu verlegen. Dort sollte dann der technisch und aerodynamisch verfeinerte Nachfolger RAK2 seinen Triumph feiern.
Auf der Avus fanden noch einige Testfahrten mit RAK1 statt. Fritz von Opel hatte sich mittlerweile hinter das Steuer geklemmt und beschlossen, die Rekordfahrt mit RAK2 selbst durchzuführen!
Re: RAK Datum:15.05.04 um 23:20 IPs: 217.85.189.179
Moin,
einen Prototypen des RAK-1, der von 1985 - 1999 restauriert wurde, kann ich auch noch beisteuern:
Es ist das einzige noch existierende Fahrzeug dieser Art. Der Wagen wurde von 1923-1928 im Werk Rüsselsheim als Test- und Rennwagen genutzt. Grundmodell war der 4/12 PS Laubfrosch. Die Fahrer waren Fritz v. Opel und Carl Jörns.
Gruss
Alex
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Entgegen Alex' obiger Darstellung wurde die Geschichte in Opels „Start" ganz anders dasgestellt! Aber die „Start" gibt es nicht mehr, die URL führt in's Leere ... Ich habe es leider versäumt den Text zu kopieren! ...!
Also aus dem Gedächtnis:
- Ein Mitglied der Alt-Opel IG entdeckte (auf eine Verkaufsanzeige hin) einen höchst seltsamen Opel-Wagen - Man nennt das wohl „Scheunenfund"!
- An's Tageslicht gezerrt, gab der Wagen sogleich etliche Rätsel auf ...
- Vieles, Motor, Getriebe u.a., deutete auf einen Opel der 4PS-Reihe von ca. 1928/29 hin.
- Aber, das konnte überhaupt nicht sein! Sagte Opel, nachdem sich der neue Besitzer um Hilfe und Auskunft dorthin gewandt hatte.
- Rahmen, Kühler, Armaturenbrett (Rechtslenker!), die Speichenräder u.v.a.m. passten überhaupt nicht zur 4PS-Reihe ... ! Unmöglich!
- Allgemeine Ratlosigkeit.
- Dann hatte irgendwer die Idee: „Vergleicht mal die Bilder/Unterlagen vom RAK1 mit diesem seltsamen 4PS ..."
Konklusion:
Sollte, - so räumt auch der Start-Artikel ein - sich der Fritz ein Späßchen erlaubt, gar eine kleine Rache gegönnt haben? Indem er heimlich, still und leise das zu verschrottende RAK1 in einen „popeligen" 4PS umbauen ließ?
Umstände:
Fritz von Opel, Genius des „Laubfrosches", als „Raketen-Fritz" in Deutschland zum Volkshelden geworden, war als Chefkonstrukteur der Adam Opel AG sogar mutig genug, sich mit seinen Schöpfungen (24/110PS Regent 8-Zylinder!) auch mit den Cadillacs der Amerikaner zu messen ...
Dieser bemerkenswerte Mann wurde nach der Übernahme der Firma durch GMC systematisch demontiert. Der Regent ist wohl das beste Beispiel dafür. Für die Raketenprojekte wurden alle Mittel gesperrt. Die nächste Ohrfeige!
Es wurde gar noch schlimmer: 1930 wurde die Produktion aller bisherigen Opel-Wagen (außer 4PS-Typ) eingestellt. Der 1931 erschiene 1.8Liter kam ganz und gar aus den Detroiter Konstruktionsbüros! Desgleichen der wenig später vorgestellte 1.2Liter!
Fritz von Opel zog die Konsequenz und schied 1931 aus der Firma Opel aus!!! Man bedenke!
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Völlig daneben liegt Alex aber nicht! Wie ich mittlerweile feststellen konnte, gab es vor RAK1 bereits mehrere Versuche mit einem provisorisch umgerüsteten Fahrzeug - „RAK0" quasi!
Dabei wurde tatsächlich ein Wagen des 4PS-Baumusters benutzt!
RAK2 Datum:22.05.04 um 09:12 IPs: 80.146.157.87
RAK2
Der zigarrenförmige Raketenrenner RAK2 basierte fahrwerksmäßig auf dem Typ 10/40PS - hier als Stadt-Coupé.
An die Fahrten mit RAK1 schlossen sich weitere Tests an und am 27. April saß Fritz von Opel erstmals selbst am Steuer. Dies war die Generalprobe für die große Fahrt auf der AVUS in Berlin, die am 23. Mai 1928 stattfand.
RAK2 steht bereit. Jetzt werden die Zündkabel zu den einzelnen Raketen gelegt. Jede der 24 80mm-Raketen ist für eine Schubkraft von 250kg ausgelegt. Macht 6000kg Schubkraft total.
Letzte Kontrollen durch die Mannschaft.
RAK2 steht in Startposition.
Was werden die nächsten Minuten bringen? Triumph oder Tragödie? Ein durchaus nachdenklicher Fritz von Opel steht im Wagen. Man muß sich in die Zeit versetzen: Computersimulationen gibt es nicht ... Einer muß es einfach tun!
Bereit! Fritz von Opel hat Platz genommen. So ging man damals auf eine sensationelle Rekordfahrt: Die Frisur sitzt perfekt.
Letzte gute Wünsche von den Mitstreitern. „Dann wollen wir mal - Ab dafür!" 120kg hochverdichteter Sprengstoff warten auf ihre Entfesselung.
Mit einem Tritt auf ein Pedal wird die Reihenzündung der Raketen ausgelöst. Die erste brennt! RAK2 rollt los!
Nacheinander zünden alle 24 Raketen - RAK2 nimmt Fahrt auf. Allein 3000 geladene Ehrengäste verfolgen auf der Haupttribüne den Start. Ungezählte Tausende beobachten das Spektakel an der Strecke.
Unter ohrenbetäubendem Fauchen, einen Kometenschweif hinter sich, rast RAK2 immer schneller werdend davon ...
Voller Schub!
Die Tribünen sind passiert; RAK2 jagt die Avus hinunter Richtung Großer Stern.
Auf dem letzten Drittel der gut 1800m langen Fahrt kommt es beinahe zur Tragödie. Mehrmals hebt der Vorderwagen ab - die Vorderachse hängt in der Luft! Nur mit viel Geschick und wohl noch mehr Glück bringt der Pilot das Fahrzeug wieder unter Kontrolle, und die Fahrt gerät unter begeistertem Jubel zum Triumph!
Feci! Es ist geschafft! Nun darf gejubelt werden: Um 10:47h startete Fritz von Opel; 24 Sekunden später war alles vorbei! 236km/h wurden als höchste Geschwindigkeit gemessen - Weltrekord!
Fritz von Opel wurde als Raketen-Fritz zum Volkshelden, seine Tat und RAK2 zur Legende. Im Bild auch Valier, den die Aufregungen (vgl. o.) deutlich Haare gekostet haben, Sander und die Gattinnen Valier und Sander.
RAK3, 4 und 5 Datum:20.04.04 um 11:53 IPs: 217.85.191.89
Wie oben geschildert, kam es bei der sensationellen Rekordfahrt von RAK2 auf der Avus beinahe zur Katastrophe.
Dieses Erlebnis mag Fritz von Opel zu der Einsicht gebracht haben, daß in Punkto Raketenautos vorab die Grenzen des Machbaren erreicht waren. Außerdem war er Realist genug, um zu wissen, daß es für Raketenautos keine praktische Nutzanwendung gab. Darüber kam es zu Auseinandersetzungen mit Valier und Volkhart. In der Folge trennten sich die bisherigen Weggefährten von ihm, um ihre eigenen Wege zu beschreiten.
Opel wandte sich weiteren Versuchen mit unbemannten Schienenfahrzeugen zu.
RAK3, 4 und 5
Die ungeheuere Popularität bewirkte die Erlaubnis der Deutschen Reichsbahn, vertreten durch die Reichsbahndirektion Hannover, auf der neugebauten Strecke Celle - Hannover im Abschnitt bei Burgwedel in der Lüneburger Heide die Testfahrten durchzuführen. Die Strecke, noch nicht für den öffentlichen Verkehr eröffnet, wies günstige Neigungs- und Richtungsverhältnisse auf und führte durch wenig besiedeltes Gebiet.
Am 23. Juni 1928 erreichte RAK3, getrieben von 10 Raketen, eine Geschwindigkeit von 256km/h und schraubte den Schienenrekord für die 1km-Durchschnittsgeschwindigkeit auf 215km/h hoch. 30000 begeisterte Zuschauer verfolgten den Versuch.
Übersichtsskizze. Länge ü.a. ca. 4800mm, Raddurchmesser ca. 800mm, Treibladung beim 1. Versuch 347kg.
Damit war der Höhepunkt erreicht: Bei einem weiteren Versuch explodierte das auf 20 Raketen verstärkte RAK3 wenige Meter nach dem Start.
Im August 1928 wurde das gleichfalls unbemannte Schienenmobil RAK4, doppelt so schwer wie RAK3 und nunmehr mit 30 Raketen bestückt, an selber Stelle zum Einsatz fertiggemacht. Erneutes Fiasko: Das Gefährt sprang gleich beim Start aus den Schienen und eplodierte ebenfalls.
Daraufhin versagte die Reichsbahn die weitere Gestattung für derartige Versuche. RAK5, bereits weitestgehend fertiggestellt, erlebte keinen Einsatz und wurde wieder verschrottet.
RAKeten-Motorrad Datum:30.03.04 um 03:29 IPs: 217.85.183.75
Offenbar war Fritzens Tatendrang unbändig. Nach den ersten Erfolgen ging er daran, ein Motorrad mit Sander-Raketen zu bestücken: Was auf vier Rädern ging, sollte auf zweien doch auch zu machen sein! Mit diesem Krad beabsichtigte er, auf der Rekordstrecke bei Freiburg den absoluten Motorrad-Weltrekord anzugreifen.
Zwar wurden im Frühsommer 1928 bereits die ersten Muster des späterhin berühmt gewordenen Motorrads Opel Motoclub 500 getestet, aber der Rahmen war noch nicht endgültig durchgebildet und erschien für das Vorhaben nicht geeignet. - Wir erinnern uns: Opel war zu dieser Zeit auch ein bedeutender Motoradhersteller!
Hilfe fand Opel bei Ernst Neumann-Neander (Spitzname „N²"), ebenfalls ein Feuergeist und genialischer Konstrukteur. N² entschied sich für eine 500er Super-Sport als Basismaschine und schuf dazu eine speziellen Rahmen inkl. Gabel aus Pressstahl mit 1400mm Radstand.
Der Fritz und sein neues Geschoß
Gedacht war nun, das insgesamt fahrfertig 180kg schwere Gefährt mit seinem 22 PS starken Opel 500cm³-OHV-Einzylinder auf etwa 120 km/h zu beschleunigen. Dann sollte ausgekuppelt und die 6 Pulverraketen mit insgesamt 30 Kilogramm Sprengstoff gezündet werden. Erwartete Vmax: deutlich jenseits von 200km/h!
Allein zur Rekordfahrt sollte es nicht kommen. Die Behörden untersagten aus Sicherheitsgründen den Einsatz des Raketenmotorrades, so daß es lediglich zu einigen Probe- und Demonstrationsfahrten kam.
Rechtzeitig zum 75-jährigen Jubiläum wurde die originalgetreue Rekonstruktion mit Original-N² Rahmen fertiggestellt!
Später gab es allerdings öffentliche Raketenfahrten mit der Opel Motoclub! Der Rennfahrer Otto Lührs 1929 im Stadion Hamborn!
Die Vergrößerung zeigt es deutlich: 2 Bündel mit je 7 Raketen!
RAKeten-Flugzeuge Datum:20.04.04 um 12:50 IPs: 217.229.251.205
Offenbar hatten die Raketenforscher Valier, von Opel und Sander ein Gesamtprojekt verabredet, denn schon 1927 versuchten sie bei verschiedenen Fliegergruppen den Bau geeigneter Raketenflug-Modelle zu betreiben - leider vorerst ohne Erfolg.
Im Frühjahr 1928 waren die Hochleistungsraketen soweit gediehen, daß das Problem des Raketenfluges erneut angegangen wurde. Sander führte die Kollegen auf dem Flugplatz Bremen, wo ihnen das Segelflugzeug „Zögling" von Alexander Lippisch, Mitglied der Rhön-Rositten-Gesellschaft, vorgeführt wurde. So kam man mit Lippisch und dem früheren Kampfflieger und jetzigen Versuchspiloten Fritz Stamer in Verbindung.
Am 13. März 1928, nachdem in Rüsselsheim bereits mit Versuchsraketenwagen gefahren worden war, kam man zu Verhandlungen auf die Wasserkuppe in die Rhön. Der Konstrukteur Alexander Lippisch stellte seine schwanzlosen Segelflugzeuge Typ „Storch" und „Ente" vor. Daraufhin bestellte man ein Flugzeugmodell und begann dann mit Raketenversuchen an diesen "Nur-Flüglern". Das alles ging sehr geheimnisvoll zu, denn dieser neue Antrieb war den Wasserkuppe-Fliegern unbekannt und sie waren daher etwas ängstlich, ob alles mit rechten Dingen zuging. Nachdem sie aber die erfolgreichen Modellversuche erlebt hatten, konnte man mit dem Bau eines bemannten Versuchsflugzeug des Typs „Ente" beim Forschungsinstitut der Rhön-Rositten-Gesellschaft beginnen. Dazu kaufte von Opel einen solchen Flugapparat an.
Nach diesen erfolgreichen Versuchen kamen am 10. Juli 1928 die Herren Max Valier, F. W. Sander und Fritz von Opel wieder auf die Wasserkuppe, wo das Versuchsflugzeug „Raketen-Ente" mit Raketen der Pyrotechnischen Fabrik Wesermünde F. W. Sander bestückt und zum Start fertig gemacht wurde. Dazu baute man ein Gestell aus Leichtmetall ein, in dem sich zwei Raketen befestigen liessen. Die Raketen konnten vom Führersitz aus elektrisch gezündet werden. In der Rumpfspitze wurde extra ein Gegengewicht eingebaut, um nach Ausbrennen der Raketen durch Verschieben ein Kopflastigwerden zu verhindern.
Der Bericht des Piloten Fritz Stamer:
„Wir hatten zwei große Raketen, jede mit etwa 30 Sekunden Brenndauer eingebaut - über einen halben Meter lange und 15 bis 20 cm im Durchmesser dicke Stahlzylinder - jede mit 4 Kilo glashart gepreßtem Pulver gefüllt. Der erste Start schlug fehl, die Maschine kam nicht vom Boden, und die gezündete Rakete brannte erheblich qualmend und zischend aus. Beim nächsten Start kam die Maschine frei. Ich zündete mit einem elektrischen Kontakthebel die erste Rakete, und die Maschine flog senkrecht. Dicht hinter mir zischte die Rakete bedrohlich. Aber man hat sich bald daran gewöhnt, und es geht hervorragend. Nach dem Abbrennen der ersten Rakete hat man gleich die nächste gezündet. Weich setzte der Schub wieder ein und es ging weiter. Ich flog fast einen vollständigen Kreis von 1300 bis 1500 Meter Umfang um unseren Motorlandeplatz und landete dann - nachdem die Raketen ausgebrannt waren."
Der erste Raketenflug eines Menschen war ausgeführt, und es war eigentlich nichts besonderes dabei gewesen! Am 11. Juli fand ein zweiter Versuchsflug statt:
„Mehr als zwei Raketen einzubauen, erlaubte das Flugzeug nicht, da durch das Verbrennen des Pulvers eine Gewichtsminderung von 8 Kilo eintrat und eine größere Gewichtsminderung die Schwerpunktlage zu ungünstig beeinflußt hätte. Ich wollte mit zwei Raketen gleich noch einmal los und, über einen Hang startend, die Maschine im Geradeausflug einmal starten lassen. Der Einbau war schnell vollzogen. Die Maschine ging gut aus dem Start. Die erste Rakete wurde gezündet, das Zischen setzte ein und alles schien in schönster Ordnung, da krachte es plötzlich erheblich. Die Rakete war explodiert und auseinandergeflogen. Als Soldat hat man gelernt, daß in den Fällen, in denen man noch zum vollen Genuß des Krachens kommt, der Kopf noch da ist. Nachzählen ergab, daß auch die Gliedmaßen noch alle vorrätig waren, also schien schon wieder alles in Ordnung zu sein, doch da wurde es wärmer und wärmer - und zwar unter dem Sitz - Ergebnis: die Maschine brannte, und zwar erheblich.
Faustgroße Pulverstücke waren rechts und links in den Flügel geschleudert - leider aber auch in den Rumpf und unter den Sitz. Wäre die Maschine jetzt nicht 20 Meter hoch über dem Boden gewesen, wäre schnelles Aussteigen angebracht gewesen, so aber war eine saubere Landung notwendig - denn hinten im Feuer lag die zweite Rakete - und bei einem Bruch hätte ich vielleicht gerade darauf gelegen. Schnelles Herunterdrücken erschien auch nicht ratsam, denn durch die Explosion war wahrscheinlich der hintere Spant für die Flügelaufhängung beschädigt. Wie sich später herausstellte, war das tatsächlich der Fall. Also schön ruhig weitergeflogen und trotzt brennendem Hosenboden eine saubere Landung gemacht, dann nix wie heraus aus der Maschine, die Kabel von der zweiten Rakete gerissen, doch das war zu spät - die ging gerade los, doch brannte sie Gott sei Dank normal aus! Dann schnell zum Löschen der Basis in das feuchte Gras gesetzt und dann mit Hilfe der herbeigeeilten Leute die Maschine gelöscht." - So endete der zweite Raketenflug.
Pressetitel vom 15.07.1928!
Die Möglichkeiten mit der Lippisch „Ente" hielt Opel daraufhin wohl für ausgeschöpft: Die Gewichtsausgleichprobleme waren offenbar nicht zu meistern.
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Für seine eigenen Versuche - Der Fritz übte unterdessen fleißig für den eigenen Pilotenschein! - ließ er von dem Mannheimer Konstrukteur Julius Hatry ein neues Flugzeug konstruieren. Hatry hatte zuvor die Versuche mit der Ente mathematisch-physikalisch ausgewertet und schlug einen Hochdecker vor. Dieser Flugapparat wurde bei der Fa. Müller in Griesheim bei Darmstadt gebaut.
Hatry übernahm auch die Probeflüge (im Schlepp einer anderen Maschine) und das Einfliegen des „RAK1 Friedrich", wie das Flugzeug getauft wurde.
In der Zwischenzeit beendete von Opel seine Flugausbildung und für den 30. September wird auf dem Flugplatz in Frankfurt, der damals noch auf dem Rebstockgelände lag, medienwirksam der erste Flugversuch angekündigt.
Offenkundig hatte auch das Militär durchaus Interesse an den Versuchen: Mehrere Herren der Reichswehr befinden sich unter den Zuschauern!
Dieser wäre fast nicht zustande gekommen, denn das Oberpräsidium in Kassel verbot kurzfristig in einem Telegramm alle Flugversuche. Der Opel-Freund und Flughafendirektor Felmy ließ das Telegramm aber zurückhalten und Fritz von Opel konnte starten!
Neu war auch das Startverfahren: RAK1 Friedrich wurde von einem Katapult abgeschossen.
Los geht's! Das Katapult beschleunigt den Flugapparat auf ca. 200km/h!
Erst beim 3. Versuch gelang es, das Flugzeug vom Katapult in die Luft zu schießen und Fritz von Opel konnte nun die erste der 12 Raketen zünden. Rund zehn Minuten kreiste das Flugzeug in der Luft um's Rebstockgelände ...
und erreichte in ca. 50m Höhe eine Geschwindigkeit von 150 km/h. Dann bemerkten die Zuschauer, das irgendetwas nicht in Ordnung sein kann: Opel drückte die leicht ins Trudeln geratene Maschine herunter und landete recht unsanft in einem Kartoffelacker! Der mit einem Akku betriebene Zündmechanismus für die Raketen versagte - kein Schub mehr!
Doch eine weitere Pioniertat war getan: Der erste öffentliche Raketenflug in der Geschichte der Luftfahrt. Zum ersten Mal war es einem Menschen gelungen, ausschließlich mit Raketenkraft zu starten und in einen Steigflug mit anschließendem Streckenflug überzugehen!
Eine blitzsaubere Bruchlandung! Zum Glück bleibt der kühne Flieger unverletzt. Und hat offenbar seinen Spaß dabei gehabt!
Die verwunderte Frage des Frankfurter Generalanzeigers (der höflich von „einer Landung in ungeeignetem Gelände" schrieb), wie es kam, daß Opel unverletzt blieb, beantwortete der Fritz: „Ich hab, als es brenzlich wurd, einfach die Füß' hochgehowe - schad, daß es für heute aus is, der Gechewind hat mer en Streich gespielt".
Es war nicht nur für heute, es war damit für immer aus! Wenig später erwarb die General Motors Co. 80% der Opel-Aktien. Dem Fritz wurde einfach der Geldhahn zugedreht!
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RAK1 Friedrich gibt es wieder, denn das Flugzeug wurde inzwischen originalgetreu nachgebaut!
Sogar in die Lüfte hat es sich wieder erhoben! Allerdings an Seilen aufgehängt. Für den nötigen Effekt sorgten die Pyrotechniker.
Hallo aus Bayern,
Ich kann zu diesem Thema das Buch von Klaus F. Filthaut empfehlen.
"Projekt RAK - das Raketenzeitalter begann in Rüsselsheim.
Aero Verlag - ISBN: 3934596002 - Preis ca 50-€
Infos unter http://www.aero-verlag.de
In dem Buch steht alles über das RAK-Projekt mit allen Daten und vielen Fotos.
(Dieser Hinweis sollte unter "Literatur" abgelegt werden)