Kleine Typenkunde — Motoclub 500 (1928 - 1930)

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TseHa
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Kleine Typenkunde — Motoclub 500 (1928 - 1930)

Beitrag von TseHa » Mi 4. Nov 2009, 00:42

Opel Motoclub 500

Die Opel Motoclub 500 war ein modernes bis avantgardistisches Motorrad aus den späten zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts.

Einleitung

Der Bau von motorisierten Zweirädern vollzog sich bei Opel in drei zeitlich getrennten Abschnitten mit mehrjährigen Unterbrechungen: Nach 1901 - 1912 und 1919 - 1925 kam in der zweiten Jahreshälfte 1927 der Gedanke an eine erneute Wiederaufnahme der Fertigung auf.

Die Firma hatte nach der durch die Währungsreform beendete, verheerende Inflation von 1923 eine überaus erfreuliche Entwicklung genommen, wofür in erster Linie der überragende Erfolg des 1924 eingeführten Kleinwagens der 4PS-Reihe steht. Mit dem Typ 10/40 PS von 1925 eroberte Opel dann auch die Spitzenposition in der Mittelklasse. Aber auch der Verkauf von Fahrrädern lief glänzend. 1927 war Opel auf dem Wege, sich „größter Fahrrad-Hersteller der Welt“ nennen zu dürfen.

Unter diesen Vorzeichen knüpfte Opel eine Geschäftsbeziehung zur kriselnden sächsischen Elite-Diamant-Werke AG, die kurz zuvor aus den Elitewerken AG in Brand-Erbisdorf und der dazu gehörenden Abteilung Diamantwerke in Siegmar-Schönau gebildet worden war. Aus Brand-Erbisdorf kamen noch bis 1929 Elite Pkw und leichte Nutzfahrzeuge, während in Siegmar-Schönau die angesehenen Diamant-Fahrräder und seit 1926 Leichtmotorräder mit 98 cm³ sowie Motorräder mit 350 bis 500 cm³ Hubraum hergestellt wurden.

Im Februar 1928 übernahmen die Adam Opel Werke 75 % der Aktien und wurden so zum Haupteigentümer der Elite-Diamant-Werke AG. Unter der Ägide von Friedrich Opel als Chefkonstrukteur und seinem Neffen Fritz von Opel als Versuchsleiter begann alsbald die Entwicklung des Motorrades Opel Motoclub 500 in zwei Ausführungen als Tour mit 16 PS und als Super Sport mit 22 PS.

Motoclub 500

Bereits im Sommer 1928 gab es öffentliche Gerüchte und Indizien, die darauf hindeuteten, dass Opel ein neues Motorrad plante. Im November 1928 wurde diese Maschine dann auf der „Internationalen Automobil- und Motorradausstellung“ (IAMA) vorgestellt. Allerdings war diese Maschine keine ausschließliche Eigenentwicklung von Opel. Konzept und Fahrwerkstechnik stammen von dem Dürener Künstler und Konstrukteur Ernst Neumann-Neander.
Moto_28-04.jpg
Präsentation der Motoclub 500.
Präsentation der Motoclub 500.
Rahmen und Gabel

Eines der auffälligsten Merkmale der Opel Motoclub 500 ist wohl der genietete Pressstahlrahmen der Maschine, der auf Ernst Neumann-Neander zurückgeht. Neben einer kostengünstigeren weil einfacheren Produktion wurde dadurch auch eine höhere Haltbarkeit im Vergleich zu Rohrrahmen erreicht. Zur weiteren Kostensenkung trug der Umstand bei, dass die Rahmen nicht lackiert, sondern cadmiert waren. Von den problematischen Eigenschaften des Cadmiums war damals offenbar noch nicht sehr viel bekannt. Im Jahr 1928 schloss Opel mit Neander einen Lizenzvertrag, der die exklusive Herstellung des Rahmens in Deutschland einschloss.

Der Rahmen brachte auch fertigungstechnisch große Fortschritte: Die Montagezeit für ein Motorrad reduzierte sich von ca. 20 auf 4 Stunden!

Die Gabel der Motoclub 500 (ebenfalls aus Pressstahl) war so konstruiert, dass die Federdrehpunkte in Paketen links und rechts des Lenkkopfes lagen. Das soll zwar einen sehr verschleißfreudigen Vorderreifen, aber auf durchschnittlichen Straßen auch eine gute Straßenlage ergeben haben. Tiefere Schlaglöcher soll die Gabel allerdings mit Nachschwingen quittiert haben.

Motor

Es war klar, dass Opel in den Neander-Rahmen keinen Fremdmotor einbauen würde. Bereits im Jahr 1927 hatte Opel ein 500-ccm-Motorrad entwickelt, dessen Entwicklung aber noch im Prototypenstadium stagnierte. Aus diesem Projekt stand allerdings ein nahezu serienreifer seitengesteuerter Motor mit stehenden Ventilen zu Verfügung (Hub x Bohrung: 90 x 84 mm = 496 ccm und 16 PS). Nicht ganz selbstverständlich und daher eher fortschrittlich war damals ein abnehmbarer Zylinderkopf. Aus diesem Motor wurde ein Motor weiterentwickelt, der im Zylinderkopf hängende Ventile und 22 PS hatte. Auch sonst wurde bei der Maschine nicht gespart: Pleuel und Kurbelwelle waren kugelgelagert

Die Motoclub war in zwei Motorversionen erhältlich:
  • Motoclub T
    Die Motoclub T (Tour) hatte im Prinzip eine Weiterentwicklung des ursprünglichen seitengesteuerten Motor. Die auf der rechten Seite stehenden Ventile wurden über Kurzstößel von der verhältnismäßig weit oben im Kurbelgehäuse liegenden Nockenwelle angetrieben. Diese Motoren haben normalerweise nur einen Auspuff auf der (in Fahrtrichtung) rechten Seite. 16 PS, Hub x Bohrung: 86 x 86 mm = 498 ccm, SV-Motor (rechts im Motorblock stehende Ventile)
  • Motoclub SS
    Die Motoclub SS (Super Sport) hatte zwei im Kopf V-förmig angeordnete Ventile, die über Stößelstangen von der im Kurbelgehäuse liegenden Nockenwelle angetrieben wurden. Diese Motoren sind normalerweise an den auffälligen Führungen der Stoßstangen der Ventilsteuerung und an den beidseitig angebrachten Auspuffanlagen zu erkennen. 22 PS, Hub x Bohrung: 86 x 86 mm = 498 ccm, OHV-Motor (im Zylinderkopf hängende Ventile)
Antrieb

Der Antrieb erfolgte über eine Primärkette auf das Dreiganggetriebe mit Schalthebel am Tank. Vom Getriebe aus wurde die Kraft über eine weitere Kette ans Hinterrad geleitet. Die Einscheibentrockenkupplung wurde über einen Handhebel links am Lenker betätigt.

Getriebe

Über das Getriebe gibt es nach derzeitigem Erkenntnisstand nichts Besonderes zu sagen. Die Zahnräder im Getriebe wurden über Schaltklauen betätigt. Die Übersetzung der Gänge war:
  • 1. Gang: 1:4,5
    2. Gang: 1:3,5
    3. Gang: 1:2,25
Lackierung

Alle Motoclub-Modelle werden nur in einer einzigen Farbgebung geliefert. Die Metallteile sind in Mattsilber gehalten und bieten damt einen auffälligen Kontrast zu den Bauteilen aus rotem Leder (Sattel, Tankverkleidung) bzw. rotem Gummi (Lenkergriffe, Fußrasten und Reifen). In der Werbung werden sie „Rot-Silber-Vögel“ genannt.

Original-Prospekt: Allgemeine Beschreibung
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Original-Prospekt: Technische Beschreibung und Daten
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Produktion der Motoclub 500

Weil die Kapazitäten im Werk Rüsselsheim weitestgehend ausgelastet waren, wurde die Motoclub 500 an ein Tochterunternehmen vergeben, an dem Opel 75 % der Anteile hielt: die Elite-Diamant-Werke AG in Sachsen.
Versuchsfahrten unter charmanter Aufsicht auf der Opel-eigenen Rennbahn Schönauer Hof.
Versuchsfahrten unter charmanter Aufsicht auf der Opel-eigenen Rennbahn Schönauer Hof.

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Beitrag von TseHa » Mi 11. Nov 2009, 19:21

Das Raketen-Motorrad

Im Rahmen des Gesamtkonzepts der RAK-Projekte entstanden in Rüsselsheim unter strengster Geheimhaltung auch Pläne für ein raketengetriebenes Motorrad, mit dem der damalige Geschwindigkeitsweltrekord für Motorräder angegegriffen werden sollte, der bei knapp 201 km/h lag. Aus Marketing-Sicht eine optimale Strategie, denn was wäre zur Markteinführung der Motoclub werbewirksamer gewesen? Allerdings standen dem Plan etliche Hindernisse entgegen.

Für das Raketen-Motorrad hatte Fritz von Opel eine Super Sport aus der Vorserie als Basis gewählt. Natürlich war klar, dass sich das angestrebte Ziel allein mit dem speziell für die neue Motoclub konstruierten 500cm³-OHV-Einzylinder mit 22 PS Leistung, der im Mai zur Verfügung steht, nicht erreichen ließ. Aus Prestigegründen wollte von Opel aber keinesfalls auf die bewährten englischen JAP- oder schweizerischen MAG-Hochleistungs-Motoren zurückgreifen, mit denen damals (vornehmlich in Europa) Maschinen für Hochgeschwindigkeitsversuche üblicher Weise ausgerüstet wurden.

Auch Vorderradgabel und Rahmen der Motoclub erschienen ihm in der vorliegenden Form nicht belastbar genug. Er wandte sich an den in Düren lebenden Ernst Neumann-Neander, der sowohl als Kunstmaler, Grafiker, Bildhauer und Dichter, hauptsächlich aber als (Karosserie)-Designer von Automobilen und Motorjachten und genialer Konstrukteur von Motorrädern einen herausragenden Ruf genoss. Im Jahre 1926 hatte er in Düren die Firma Neander Motorfahrzeug GmbH Düren-Rölsdorf gegründet. „N hoch 2“, wie das Universalgenie genannt wurde, entwickelte eine speziell geschwungene Vorderradgabel mit tief nach unten herabgezogenem Speziallenker und einen futuristisch wirkenden Rahmen aus gepressten Stahlprofilen.

Die serienmäßig vorgesehenen Blattfedern unter der Sitzschale wurden entfernt und statt der Fußrasten zwei speziell angefertigte große Trittbretter angebracht. Beide Maßnahmen sollten dem Fahrer besseren Halt bei den angepeilten Geschwindigkeiten bieten. Das Heck wurde großflächig mit einer Blechschale verkleidet, damit die Reifen nicht vom Feuerstrahl der Raketen beschädigt werden können. An diesen Blechen waren die Halterungen für die 6 vorgesehenen Raketenrohre befestigt, die je 5 kg Sprengstoffladung enthielten. Nachdem man den Motor von 22 auf ca. 30 PS Leistung hochgezüchtet hatte, sah der Plan vor, das Raketen-Motorrad damit auf ca. 145 km/h zu beschleunigen, auszukuppeln und dann die restliche Beschleunigung auf Rekordgeschwindigkeit mit den Pulverraketen zu erzielen, die in drei Stufen paarweise nacheinander gezündet werden sollten.
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Fritz von Opel mit seinem neuesten „Spielzeug“. Der Helm deutet daraufhin, dass zumindest kleinere Tests und Versuchsfahrten — vermutlich auf der Rennbahn Schönauer Hof — durchgeführt wurden.
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Zusätzlich verzögert wurde das Projekt durch die Reifen, denn der Lieferant hatte Probleme mit der speziell bestellten roten Gummimischung. Überdies bestanden grundsätzliche Bedenken, ob die Reifen den zu erwartenden Kräften bei Geschwindigkeiten weit jenseits der 200 km/h gewachsen sein würden. Als die Reifen endlich in Rüsselsheim eintrafen, war die Motorrad-Fahrt zugunsten der anderen RAK-Vorhaben zunächst zurückgestellt.

Die eigentliche Rekordfahrt des Raketen-Motorrads, geplant auf der Rekordstrecke Breisach - Oberisingen bei Freiburg, sollte allerdings nie stattfinden. Zum Einen hielt wohl der ADAC als verantwortlicher Betreiber die Strecke für zu schmal, zum Anderen wurde keine Genehmigung durch das zuständige Regierungspräsidium erteilt. Was letzten Endes hierbei ausschlaggebend war, ist bis heute ungeklärt.
RAK-M_09.jpg
Im November fanden unter Ausschluss der Öffentlichkeit auf der AVUS in Berlin weitere Testfahrten statt. Über diese ist so gut wie nichts bekannt. So kann nur angenommen werden, dass hier RAK2 und das Raketen-Motorrad beteiligt waren. Anschließend hatte das Raketen-Motorrad auf der IAMA Ende November / Anfang Dezember 1928 seinen einzigen bekannten Auftritt vor Publikum: Besonders Wagemutige durften auf dem aufgebockten Feuerstuhl Platz nehmen und so ein wenig an den Raketenabenteuern teilhaben!
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Nach 1928 unternahm der Bremer Ingenieur und Rennfahrer Otto Lührs einige Schaufahrten mit dem Raketen-Motorrad. Der Raketen-Fritz (ebenfalls im knallgelben Opel-Rennanzug dahinter) hatte längst andere Pläne: Er paukte und übte für seinen Flugzeugführerschein und sollte dann am 30. September 1929 den ersten öffentlichen Flug mit einem raketengetrieben Flugzeug unternehmen.
RAK-M_19.jpg
Lührs auf der Rennbahn Hamborn (Duisburg). Natürlich waren dort und anderwo keine Rekordgeschwindigkeiten möglich. Ein ungeheueres Spektakel für die begeisterten Zuschauer waren diese Fahrten aber allemal. Auffällig ist, das hier deutlich kleinere Raketen in Bündeln zu 2 x 6 (oben) und 2 x 7 Rohren verwendet wurden.

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Beitrag von TseHa » Mi 11. Nov 2009, 20:13

„... nach Barcelona, zur Weltausstellung!“

Am 19. Mai 1929 hatte der spanische König Alfons XIII. die 20. Weltausstellung mit einem Festakt eröffnet, die dann vom 20. Mai 1929 bis zum 15. Januar 1930 in Barcelona stattfand. Diese international bedeutende Schau, nicht zuletzt auch ein gesellschaftliches Ereignis ersten Ranges, brachte die damals 22-jährige Irmgard von Opel auf die Idee, gemeinsam mit einigen Freunden auf Motoclub-Motorrädern dorthin zu fahren.
IvO_21.jpg
Irmgard war die Tochter von Heinrich von Opel und seiner Frau Emilie, geb. Weber, die beide 1928 verstarben. Die junge Dame war damals dabei, sich als Military- und Springreiterin einen Namen zu machen. Sie hatte einen Freundeskreis um sich geschart, der sich „Irmgard von Opel-Club“ nannte. Der Club traf sich regelmäßig, fuhr zu und beteiligte sich an Sportveranstaltungen wie Motorboot- und Motorrad-Rennen. Man trug sogar einheitliche Kleidung in den Farben Blau / Weiß und dazu Bobbymützen, die an die Kopfbedeckungen von Matrosen erinnerten. Daher lautete der Schlachtruf auch „Ahoi!“.

Für ihr Vorhaben rekrutierte Irmgard von Opel August Euler, Nikolaus Geis, Ulrich Schott, Toni Tambosi und ihren Vetter Georg von Opel als Fahrer. Man darf durchaus annehmen, dass der leicht verwegene Plan Billigung und Unterstützung durch die Adam Opel AG fand, war dies doch eine glänzende Gelegenheit, einmal mehr die sprichwörtliche Zuverlässigkeit eines Opel-Erzeugnisses und insbesondere die Langstreckentauglichkeit der Motoclub unter Beweis zu stellen. Euler, Geis, Schott und Tambosi waren als (Versuchs)-Ingenieure oder als Motorradrennfahrer Angestellte von Opel.
Von links nach rechts: Nikolaus Geis, August Euler, Toni Tambosi, Irmgard von Opel, Georg von Opel, Ulrich Schott.
Von links nach rechts: Nikolaus Geis, August Euler, Toni Tambosi, Irmgard von Opel, Georg von Opel, Ulrich Schott.
Mit sechs Motorrädern, drei Motoclub Touren- und zwei Super-Sport-Maschinen sowie, leicht befremdlich, Schott auf einer BMW und einem mit Ersatzteilen, Sprit und Öl, Zeltausrüstung für unvorhergesehene Übernachtungen etc. übervoll beladenem Begleitwagen machte sich die Mannschaft von Rüsselsheim aus auf den Weg. Dieser führte über Freiburg in die Schweiz, quer durch die Alpen nach Nizza und weiter über Marseille Richtung Ziel. Die schwierigen Alpenpässe meisterten die Motorräder ohne Anstände, während das Trossfahrzeug, vermutlich ein umgemodelter Lieferwagen Typ 10/40 PS, mit kochendem Kühler öfter mal verschnaufen musste. Der Begleitwagen verunglückte später in Frankreich, wobei eine Mitfahrerin erhebliche Gesichtsverletzungen davontrug. Da der Wagen nicht mehr fahrtüchtig war, drohte das Unternehmen zu scheitern. Die Begeisterung der Mannschaft ließ ein Aufgeben aber nicht zu: Zweie fuhren mit der Eisenbahn zurück nach Rüsselsheim und holten einen anderen.
Eine Motoclub an einer „Shell-Station“ – offenbar j.w.d. gelegen.
Eine Motoclub an einer „Shell-Station“ – offenbar j.w.d. gelegen.
Die Reise im Juli 1929 wurde nicht als Ohne-Halt-Fahrt bewältigt. Es gab Abstecher zu Sehenswürdigkeiten und vielerorts präsentierte sich die Mannschaft mit ihren Krädern zahlreichen Schaulustigen, wobei natürlich kräftig für Opel und speziell die Motoclub geworben wurde. Unterkünfte für die Nacht bestellte man von unterwegs per Fernschreiben vor. Dabei gab es mitunter Probleme besonderer Art: „Im Hotel in Nizza wollten sie uns nicht rein lassen, weil wir so furchtbar aussahen. Dasselbe ist uns dann auch im Ritz in Barcelona passiert. Aber die Hotelmanager haben sich gleich entschuldigt, als das Missverständnis aufgeklärt war und sich unsere Reservierung bestätigt hatte“, wird Irmgard von Opel zitiert.

Die jungen Leute waren von der Weltausstellung überwältigt. „Wir waren begeistert, die Wasser-Kaskaden waren phantastisch. Nach den vierwöchigen Strapazen haben wir so viel gesehen, das hat uns für alles entschädigt.“ Dennoch zogen sie für die Rückreise die bequemere Eisenbahn den Motorradsätteln vor. Die Motorräder fuhren per Bahnspedition zurück nach Deutschland, während Nikolaus Geis den Begleitwagen von Spanien nach Rüsselsheim chauffierte. Der Rest der Truppe reiste mit Aufenthalten in Madrid, Biarritz, Bordeaux und Paris zurück.

Die von Irmgard von Opel gefahrene Motoclub 500 blieb erhalten. Nikolaus Geis, ab 1930 Betriebsingenieur auf dem ihr geleiteten Hofgut Westerberg, hatte von seiner Chefin zwar den Auftrag erhalten, „das Gefährt zu entsorgen“, brachte das aber wohl nicht übers Herz. Er rettete die Maschine – inzwischen mattgrün lackiert und während des 2. Weltkriegs sorgsam versteckt – über die Zeitläufe, um sie später an Irmgard von Opels Sohn Carlo weiterzugeben. Dieser übereignete das Motorrad mittlerweile an Opel Classic.


Das Ende
Opel-Werksmannschaft im Jahre 1930.
Opel-Werksmannschaft im Jahre 1930.
Die für die damaligen Verhältnisse spektakuläre Fahrt zur Weltausstellung wurde von Opel natürlich werbewirksam ausgenutzt. Leider maß General Motors als neuer Eigentümer der Motorradfertigung keine besondere Bedeutung zu. Zudem ließ die nach dem Zusammenbruch der Börsen in den USA Ende 1929 einsetzende Weltwirtschaftskrise auch die Käuferschaft für einspurige Kraftfahrzeuge dramatisch schrumpfen. Selbst ein so vorzügliches Produkt wie die Motoclub 500 war kaum noch verkäuflich, woran auch zahlreiche Erfolge im Sport nichts änderten. Der einbrechende Absatz entzog dem Motorradbau bei Opel den wirtschaftlichen Boden. 1930 lief die letzte von rund 3.000 gebauten Opel Motoclub 500 vom Band. Damit war die Fertigung von Opel-Motorrädern nach gut 6.000 Exemplaren endgültig Geschichte.

Mit der Elite-Diamant-Werke AG hatte Opel einen Vergleich geschlossen. Diese versuchte wohl, mit einem überarbeiteten Nachbau der Motoclub unter dem Namen Elite-Opel 500 im Geschäft zu bleiben. Es sollen aber nur 10 (12?) Vorserien-Maschinen entstanden sein.


Motoclub 500 heute
Moto_110.jpg
Zum Glück für uns sind einige Motoclub, teilweise sogar fahrbereit, erhalten geblieben. Diese prächtig aufgearbeitete Super Sport gehört zur Historischen Sammlung von Opel. Das obere Bild entstammt einer Reihe von Aufnahmen, bei der vor alpenländischer Kulisse ein Abschnitt der Fahrt zur Weltausstellung nachempfunden wurde.
Moto_128.jpg
Vom Raketen-Motorrad wurde vor einigen Jahren ein detailgenauer Nachbau erstellt.
Bild: Thorsten Sprenger
Bild: Thorsten Sprenger
Die oben gezeigte Situation von der IAMA 1928; nachgestellt in der Opel-Oldtimer-Ausstellung (2005). Wer das Photo aus den Zeiten der Weimarer Republik nicht kennt, erkennt auch die Situation nicht, auf welche dieses Diorama anspielt!
Bild: Thorsten Sprenger
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Kleine Typenkunde — Motoclub 500 (1928 - 1930) / 4

Beitrag von TseHa » Di 17. Nov 2009, 01:59

Besonderer Dank geht an Thorsten Sprenger (www.graf-vlad.de) für die Erarbeitung der Beschreibung der Straßenversion und die Überlassung von Bildern!

Quellen & Links
  • Printmedien
    - Filthaut, Klaus F.: Projekt RAK - Das Raketenzeitalter begann in Rüsselsheim; Aero Verlag
    - Oldtimer Markt 2/1985, S. 56 – 58
    - Nöll, Jürgen: Opel-Motorräder aus drei Jahrzehnten; Heel 2001
    - Schneider, Hans-Jürgen: 125 Jahre Opel – Autos und Technik, Köln 1987

    Bilder
    - Alle Bilder, sofern nicht anders angegeben: Opel, Slg. TseHa

    Internet
    - www.fahrzeugbilder.de
    - Raketenmänner – Fritz von Opel
    - Motoclub-Prospekt und Werbung

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