Kleine Typenkunde — Olympia A (1967-1970)

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TseHa
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Kleine Typenkunde — Olympia A (1967-1970)

Beitrag von TseHa » Mi 4. Feb 2009, 04:45

Olympia A

Keine Frage - schon der Kadett A wartete in Hinsicht auf Fahreigenschaften, Raumangebot und Bequemlichkeit für die Insassen, Größe des Kofferraums usw. mit Eigenschaften auf, von denen Käfer-Besitzer höchstens träumen konnten. Dies galt um so mehr für seinen im September 1965 vorgestellten Nachfolger Kadett B, der mit 18 cm in der Länge, 10 cm in der Breite und einem um 91 mm vergrößerten Radstand deutlich gewachsen war und nun auch in viertürigen Varianten angeboten wurde.

Dennoch sah sich Opel bereits 1966/67 immer weiter auseinander strebenden Kundenwünschen gegenüber. Vielen Kunden erschien der Kadett B nicht groß genug, nicht repräsentativ genug, so als Limousine gewünscht nicht sportlich genug etc. etc. Die geplagten Verkäufer wussten ein Lied davon zu singen, denn gleichzeitig war denselben Kunden der Rekord C, vom Commodore A ganz zu schweigen, denn dann doch zu groß und, vor allem, zu teuer. Ein Dilemma für Opel, denn um diesen Erwartungen gerecht zu werden, hätte eine komplett neue Baureihe hergemusst, größen- und preismäßig zwischen Kadett und Rekord anzusiedeln. Allerdings war sehr schnell klar, dass solches kaum vor 1970 machbar war.

Um aus dieser Zwickmühle herauszukommen, erweiterte Opel das Angebot beim Kadett B zum Modelljahr 1968 um mehrere Karosserievarianten mit Schrägheck:
- 2-türige Limousine (Modell 91),
- 4-türige Limousine (Modell 96) und
- Coupe F (Modell 92).

Auf der Basis dieser Schrägheckvarianten erschien nun 1967 als „Lückenbüßer“ der Olympia A:
OlA_2TL-01.jpg
2-türige Limousine (Modell 98)
OlA_4TL-02.jpg
4-türige Limousine (Modell 97)
OlA_C-03.jpg
Coupe (Modell 99).

Mit der Namensgebung zitierte Opel das Modellangebot der letzten Vorkriegsjahre: damals stand der Olympia als Mittelklassewagen tatsächlich zwischen dem Kleinwagen Kadett und dem Kapitän.

Kurz gesagt: der Olympia A präsentierte sich als optisch aufgewertetes und merklich luxuriöser ausgestattes, aber naturgemäß nicht größeres, Schwestermodell des Kadett B ab Modelljahr 1968. Wie bei diesem fielen außen Lüftungseinlässe unterhalb des Kühlergrills und größere Rückleuchten, innen ein tiefschwarz glänzendes Drei-Speichen-Lenkrad und ein nunmehr fast vollständig gepolstertes Armaturenbrett besonders auf. Das augenfälligste Merkmal des Olympia war der um die Ecken der Karosserie bis in die Seitenflächen herumgezogene Kühlergrill.

Oft zu lesen und immer wieder gern erzählt, aber schlichtweg falsch - wahr ist, den Olympia A hat es nie als Caravan gegeben!
KadB_K-US01.jpg
Der Aberglaube rührt daher, dass Opel den in den USA von Buick vertriebenen Export-Kadett ab Modelljahr 1968 mit einem dem Olympia sehr ähnlichen Kühlergrill ausstattete. Einige der über Rotterdam exportierten US-Kadetten scheinen in den Benelux-Ländern hängen geblieben oder dorthin zurückgelangt zu sein.

Der Olympia war mit drei verschiedenen Motoren lieferbar:
- 1,1 Liter OHV-Motor mit 44 kW (60 PS),
- 1,7 Liter CIH-Motor mit 55 kW (75 PS) und
- 1,9 Liter CIH-Motor mit 66 kW (90 PS).
Während die 60 PS eine eher behagliche Fahrweise bedingten, verlieh der 90 PS-Motor dem Wagen überaus beachtliche Fahrleistungen: eine Beschleunigung von 0 auf 100 km/h in ca. 10,9 Sekunden und eine Höchstgeschwindigkeit von zirka 170 km/h waren damals in dieser (Preis)-Klasse absolut Spitze. Wer es bei den kompakten Wagen noch schneller wollte, musste schon erheblich mehr Scheine hinblättern. Etwa für einen Ford Escort I RS oder gar gleich einen ausländischen Exoten wie den Giulia von Alfa-Romeo. Zu den sportlichen Eigenschaften des Olympia trug übrigens die neu entwickelte Hinterachse mit Schraubenfedern und Panhard-Stab statt der bisherigen Blattfederachse mit Längsführung wesentlich bei.

Zusätzlich zum 4-Gang-Getriebe mit Knüppelschaltung gab es gegen Aufpreis ab Ende 1968 ein 3-Gang-Automatikgetriebe.
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In der Werbung betonte Opel besonders Attribute wie Sportlichkeit und Jugendlichkeit. Dem entgegen wurde der Olympia A aber sehr häufig von etwas älteren Kunden bestellt, die offenbar ein etwas schickeres Auto als den Kadett wünschten, aber wohl auch meinten, so groß wie der Rekord müsse es doch nicht sein.
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Von diesem Kundenkreis im Besonderen wurde das gegen Aufpreis lieferbare Vinyldach geschätzt und geordert. Jahre später erwies sich dies als regelrechter Fluch für den Wagen. Zur Kostenersparnis blieb das Blech unter dem Kunstlederbezug nämlich unlackiert und somit ohne Korrosionsschutz. Die Dachbeklebung begann sich zu lösen und wurde zur Feuchtigkeits- und, bei weiterem Fortschreiten, zur Rostfalle. Tat der Besitzer etwas dagegen, hatte er teils erhebliche und, weil konstruktiv vermeidbar, höchst ärgerliche Kosten zu tragen. Tat er nichts, kam es unvermeidlich zu Durchrostungen, die für so manchen Olympia A ein eigentlich vorzeitiges „Aus!“ zur Folge hatten. - Da Opel unbegreiflicher Weise in diesem Punkt völlig untätig blieb, durfte sich der Kunde noch viele Jahre später bei nachfolgenden Baureihen hieran „erfreuen“!
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Kalenderbild 1968: Olympia A in Bärental am Feldberg / Schwarzwald.
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Trotz aller durchaus positiven und sympathischen Eigenschaften konnte der Olympia A seine Mission, den Lückenschluss zwischen Kadett und Rekord, weder überzeugend und noch weniger langfristig erfüllen. Die Kundschaft für den Wagen blieb im Vergleich zum Kadett B allzu gering. Zwischen 1967 und 1970 wurden nur 80.697 Exemplare gebaut. Alles andere als ein besonderer Verkaufserfolg!

Bei Opel war man sich der Unzulänglichkeit offenbar durchaus bewusst. Bereits 1968 entstanden Vorserienstudien für den Kadett C, der deutlich größer, geräumiger und sportiver als sein Vorgänger ab 1970 vom Band laufen sollte. Doch dann kam es ganz anders - das Projekt wurde in aller Eile umgewidmet und kam als Ascona A Ende 1970 auf den Markt, während der Olympia A im Sommer recht sang- und klanglos verschwunden war. Heute ist er eine echte Seltenheit.

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Ohne direkten Auftrag, so heißt es, baute der Bielefelder Karosseriespezialist Karmann einen Prototyp eines Olympia A Cabriolet. Zu einer Fertigung kam es nicht. Der zu erwartende Verkaufspreis lag wohl zu hoch. - Irritierend sind die seitlichen Blinker! Wie bei den US-Kadetten...
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Dem Vernehmen nach stand das Fahrzeug jahrelang unbeachtet auf dem Werkshof in Rüsselsheim herum, verrottete und wurde irgendwann verschrottet.


P.S. Und dann gab es noch dieses, auf den Namen „Mad Jumper“ getaufte Monster:
OlA_MadJ-1.jpg
OlA_MadJ-5.jpg
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